Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Kirchenjahr - Karfreitag

« Kirchenjahr Home   weiter: Osternacht »

Karfreitag

Die Offenbarung der Liebe Gottes am Kreuz Blumenkreuz Golgatha - Sonnenfinsternis, PSch Auferstehung, PSch

Von dem altdeutschen "Kara" = Trauer abgeleitet. Die Todesstunde Jesu war 15 Uhr. Es ist eine verbreitete Tradition, zu dieser Zeit in Gottesdiensten mit Trauer und Andacht an den Tod Jesu zu denken. In vielen Kirchen ist der Altar am Karfreitag vollständig leergeräumt. Diese Nacktheit des Altars ist eine symbolische Erinnerung an die Nacktheit Jesu am Kreuz. Es ist auch eine alte Tradition, dass Glocken und Orgeln am Karfreitag schweigen, als Ausdruck der Ergriffenheit angesichts des Leidens, das Jesus auf sich nahm.

Eine ursprüngliche Tradition sieht Karfreitag und Ostern als Einheit (zusammengefasst in dem aramäischen Wort "Pascha" = Übergang): denn der Tod Jesu ist gleichzeitig seine Verherrlichung (wie das Johannesevangelium bezeugt) und der Beginn der Auferstehung. Matthäus bezeugt diese Wahrheit in seinem Evangelium: als Jesus stirbt, gibt es gleichzeitig eine Totenauferweckung. Deswegen heißt dieser Tag "Großer Freitag" in orthodoxen Kirchen (wobei Osterfreude schon anklingt) und "Good Friday" in englischsprachigen Ländern.

Was bedeutet der Tod Jesu?

Das Sterben Jesu wurde durch Zeichen gedeutet:

  • Finsternis
    Die Sonnenfinsternis, PSch "Und von der sechsten Stunde an (d.h. um die Mittagszeit) kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde." (Matt. 27, 45)
    Die Propheten haben einen Tag vorausgesagt, an dem Gott sich öffentlich offenbart, an dem er die Geschichte dieser Erde vollendet und ein neues Zeitalter einleitet: die Endzeit. Die Propheten nannten diesen Tag "den Tag des HERRN". Jesaja, Jeremia, Amos, Hosea, Joel, Zephania, Zacharia, Maleachi haben diesen Tag des HERRN vorausgesagt.
    Und manche Propheten erwarteten, dass "der Tag des HERRN" ein Tag der Finsternis sein sollte. Der Prophet Amos: "des HERRN Tag ist Finsternis und nicht Licht, ....Zur selben Zeit, spricht Gott der HERR, will ich die Sonne am Mittag untergehen und das Land am hellen Tage finster werden lassen." Und genau dies ist eingetreten, als Jesus am Kreuz hing. Diese Finsternis bedeutet: der Tag des HERRN ist eingetreten; der Tag, an dem Gott sich öffentlich offenbart.
  • Dornenkrone
    Der brennende Dornbusch, PSch Aber wo offenbart sich Gott genau? Matthäus berichtet, dass Jesus eine Dornenkrone trug. Aber Jesus war nicht der Einzige in Jerusalem, der eine Dornenkrone trug. Das Dach des Tempels war mit goldenen Dornen geschmückt – eine Erinnerung daran, dass Gott sich unter Dornen offenbart hatte. Denn die erste Offenbarungsstätte Gottes war in dem brennenden Dornbusch am Sinaiberg. Die Dornenkrone am Tempeldach veranschaulicht: Hier ist die Offenbarungsstätte Gottes, hier hat sich Gott niedergelassen. Aber wenn Jesus eine Dornenkrone trägt, dann ist das ein sichtbares Zeichen für die Anwesenheit Gottes in diesem Gekreuzigten.

    Nach jüdischer Auslegungstradition ist der brennende Dornbusch eine Veranschaulichung, dass Gott die Kluft zwischen ihm und seinem Volk überbrückt, indem er mit seinem Volk leidet.
    "Der Heilige, gelobt sei Er, sprach zu Moses: "Fühlst du denn nicht, dass Ich mich in Schmerzen befinde, genau wie Israel sich in Schmerzen befindet? Merke es an dem Ort, aus dem Ich mit dir rede – aus den Dornen!" (aus der "Midrasch"-Literatur des Judentums)

    Die Dornenkrone Jesu vermittelt dieselbe Botschaft: dass Gott die Kluft zwischen ihm und uns überbrückt, indem er sich in das Leid der Menschen begibt. Der Gekreuzigte, der die Dornenkrone trägt, ist eine weitere Offenbarungsstätte Gottes.

    Diese Dornensymbolik fängt mit der Sündenfallgeschichte an: als die ersten Menschen sich von Gott entfremdeten, wurde die Schöpfung in Mitleidenschaft gezogen: Dornen und Disteln entsprangen aus dem Ackerboden als Folge der Entfremdung von Gott. Dornen sind ein sichtbares Zeichen der Trennung von Gott.
    Und dementsprechend bezeugen Dornbusch und Dornenkrone die Botschaft: Gott überwindet diese Entfremdung, indem er sich in unser Schicksal begibt – und das heißt: Gott ist mit uns in allem, was wir erleben und erleiden.
  • Das Zerreißen des Vorhangs
    Der zerrissene Vorhang im Tempel, PSch Als Jesus starb, zerriss der Vorhang im Tempel, der das Allerheilige abtrennte. Das Allerheilige galt als Ort, wo Gott persönlich und dauerhaft für sein Volk anwesend war. Das Zerreißen des Vorhangs bedeutet:
    • dass Jesus in das Allerheiligste aufgenommen, dass seine Opfergabe von Gott angenommen wurde.
    • dass der Zugang zu Gott für alle geöffnet ist. Es ist nicht mehr dem Hohenpriester allein vorbehalten, in die unmittelbare Anwesenheit Gottes zu treten, sondern alle dürfen im Namen Jesu in die unmittelbare Nähe Gottes kommen.
    • Und die Zerstörung des Vorhangs ist gleichzeitig die Zerstörung des Tempels: denn mit einem zerrissenen Vorhang ist der Tempel außer Kraft gesetzt. Und damit erfüllt sich ein Wort, das spöttisch ausgesprochen wurde: Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe und sprachen: Der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist, und steig herab vom Kreuz! Jesus hatte tatsächlich den Tempel "abgebrochen", denn durch seinen Tod ist der Vorhang zerrissen worden. Ab jetzt ist seine Person der neue Tempel - der Ort, an dem Gott persönlich und dauerhaft für sein Volk anwesend ist.
  • Das Beben der Erde / das Zerreißen der Felsen / das Öffnen der Gräber
    Das Beben der Erde, PSch "Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen." (Matt. 27, 52. 53)

    Diese Begebenheit wirkt wie eine Legende, die Matthäus angehängt hatte, um seine Erzählung dramatisch auszuschmücken. Aber für die Urchristenheit hatte diese allgemeine Graböffnung eine Schlüsselbedeutung.

    Um die Bedeutung dieser Graböffnung zu verstehen, kann es hilfreich sein, einen Begriff aufzugreifen, der in den letzten Jahren zum Vorschein gekommen ist. Es ist ein Wort aus der Fachsprache des Terrorismus. Es ist der Begriff "Schläfer". Ein Schläfer ist jemand, der unerkannt in ein für ihn feindliches System einschleicht. Dort tut er so, als ob er dazugehört und bleibt unauffällig - bis der Tag kommt, an dem er einen Anschlag ausübt. Schläfer sind bereit, sich selbst aufzuopfern, wenn es dazu beiträgt, dass der Feind vernichtet wird. Das Prinzip hinter dieser Vorgehensweise ist, dass es feindliche Systeme gibt, die durch äußere Angriffe nicht zu vernichten sind; der Angriff muss von innen kommen.
    (Dieser "Schläfer"-Vergleich stammt von dem Heidelberger Neutestamentler Klaus Berger)

    Es klingt in der heutigen Zeit etwas abartig, die Sache so auszudrücken, aber Jesus ist vergleichbar mit einem „Schläfer“. Die frühe Christenheit hat den Tod Jesu so verstanden, dass er unerkannt in das Totenreich eingedrungen ist. Er hat den Tod überlistet, ihn aufzunehmen, als ob er ein gewöhnlicher Sterblicher wäre. Aber als er im Totenreich angekommen war, ist er von dem Todesschlaf aufgewacht und hat seinen Anschlag ausgeführt und hat Verwüstung angerichtet. Er brach die Tore der Totenwelt auf und hat die Ketten des Todes zerbrochen. Er hat die Gefangenen des Todes freigesetzt. Denn ein erfolgreicher Anschlag gegen das Totenreich kann nur von innen erfolgen.

    Der große Theologe und Prediger, Johannes Chrysostomos, hat diesen Vorgang im 4. Jahrhundert in einer Osterpredigt so ausgedrückt:
    Das Totenreich nahm einen Leib und entdeckte Gott.
    Es nahm Erde und begegnete Himmel.
    Es nahm, was es sah, und wurde überwunden durch das, was es nicht sehen konnte.

    Für die Urchristenheit waren der Tod Jesu und eine allgemeine Auferstehung der Toten nicht zwei Ereignisse, sondern ein einziges. Matthäus bezeugt diese Einheit, indem er erzählt, dass der Tod Jesu zu einer sofortigen allgemeinen Totenauferweckung geführt hat.

PSch

Predigten zum Karfreitag

^ Zum Seitenanfang