Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Prädikantin Ursula Schmidt: Christliche Symbole

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Predigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis: Christliche Symbole

Gehalten von Prädikantin Ursula Schmidt am 31. August 2008 im Kirchsaal Süd

Christliche Symbole auf der Stola von Ursula Schmidt

DIE GNADE UNSERES HERRN JESU CHRISTI UND DIE LIEBE GOTTES UND DIE GEMEINSCHAFT DES HEILGEN GEISTES SEIN MIT EUCH ALLEN!

Es gibt in unserer modernen Welt unzählig viele Erfindungen, Erneuerungen und Errungenschaften, die unser tägliches Leben grundlegend verändert, ja revolutioniert haben. Es ist unbestritten, dass dadurch für uns Vieles verständlicher wird, was den Menschen über Jahrhunderte in Angst und Schrecken versetzt hatte, weil Rätsel entschlüsselt oder neue Wege in Angriff genommen wurden. Auch kirchliche oder theologische Mysterien und Geheimnisse werden im Laufe der Zeit zunehmend entmythologisiert oder angeblich aufgedeckt.

All diese positiven wissenschaftlichen Fortschritte und haben allerdings oft auch entsprechende negative Begleiterscheinungen - und eine davon ist der Verlust unseres Verständnisses von Symbolen. Unser Denken und unsere Sprache haben viel Bildhaftigkeit verloren.

So konnten z. B. die meisten Menschen des frühen Mittelalters zwar weder lesen noch schreiben, aber sie verstanden die Hintergründe von Symbolen – im Gegensatz von uns sogenannten aufgeklärten und gebildeten Menschen des 21. Jh.s.

Meistens sind wir Menschen von heute - bildlich gesprochen - Analphabeten, wenn es um Verständnis und Gebrauch von Symbolen geht.

In unserer modernen Welt reicht das Symbolverständnis gerade mal für das Erkennen der Schilder des Straßenverkehrs - aber wenn man die Zahl der Verkehrsunfälle betrachtet, ist selbst das offensichtlich nicht immer die Regel.

Andere Symbole aber hat der moderne Mensch entleert oder er kennt sie gar nicht mehr. Z. B. küsst man einander häufiger als früher. Nicht nur frisch Verliebte küssen sich in der Öffentlichkeit, sondern man sieht heute viele Menschen, die sich Begrüßungsküsschen geben –manchmal mit einem richtigen Zeremoniell: halb auf die Wange, halb in die Luft, rechts, links und wieder zurück. Küssen ist modern geworden, aber das der Kuss auch etwas Heiliges symbolisieren kann, das wissen die wenigsten Menschen.

Und noch eine anderes Beispiel: Zu jeder Hochzeit gehören Trauringe - egal, ob man sich nur standesamtlich oder auch kirchlich trauen lässt. Aber die meisten Brautleute hören erst bei der kirchlichen Trauung etwas von der Symbolik des Eherings, wenn der Pfarrer ausdrücklich darauf hinweist.

Wenn Sie mich heute nicht zum ersten Mal predigen hören, dann haben Sie sicher festgestellt, dass ich seit einiger Zeit mit viel Freude eine Stola trage.

Während unserer Ausbildung zu Prädikanten tauchte auch die Frage auf, welche Kleidung Prädikanten, die, salopp gesprochen, eine Art Hilfspfarrer sind, während des Gottesdienstes tragen sollten. „Dezent- unauffällig“ lautete die Devise, die besonders uns, den KursteilnehmerINNEN, ans Herz gelegt wurde.
Pfarrer haben es leichter, was ihre kirchliche Kleidung betrifft: sie tragen seit Martin Luthers Zeiten einen Talar. Auf Menschen, denen diese Tradition der Gelehrtentracht unbekannt ist, wirkt das wie eine Art Pfarreruniform.
In einigen Landeskirchen, z. B. in unserer Nachbarkirche Kurhessen-Waldeck, tragen auch Prädikanten und Prädikantinnen einen Talar.
Manchen Prädikanten, die im Taunus wohnen, wird für den Gottesdienst eine Stola zur Verfügung gestellt, obwohl unsere ehemalige Pröpstin, eine unserer Ausbilderinnen, strikt dagegen war, denn sie hält das für „römisch.katholisch“.

Für mich ist die Stola nicht „katholisch“, sie ist auch nicht bloß ein Kleidungsstück. Für mich ist sie ein symbolisches Zeichen für Verkündigung, also für die Auslegung der biblischen Botschaft. Wenn ich die Stola anlege, dann muss ich mich als Person nicht mehr so wichtig fühlen, wenn ich die Stola trage, dann trete ich als Person quasi zurück. Nicht ich, Ursula Schmidt, stehe dann im Mittelpunkt des Gottesdienstes, sondern die Botschaft, die ich zu vermitteln versuche.

Ich bin schon oft auf meine Stola angesprochen worden, die ich während des Gottesdienstes trage. Deshalb werde ich heute - statt eines biblischen Textes - die Symbole meiner Stola in das Zentrum meiner Predigt stellen
Denn diese Symbole sind nicht nur bunte Bilder, sondern sie haben eine tiefe Bedeutung.

Die Vorbereitung dieser Predigt hat auch mich selbst zu gründlicherem und tieferen Nachdenken darüber veranlasst, obwohl ich eigentlich mit Symbolen aufgewachsen bin. Beim gründlichen Erforschen der Bedeutung der Symbole habe ich gemerkt, dass ich die Auswahl der Symbole meiner Stola nicht nur nach streng theologischen oder nach rein wissenschaftlichen Maßstäben getroffen habe.

Meine sorgenvollen Bedenken, dass meine Stickkünste eher den Fertigkeiten eines Hobbys entsprechen, also viel zu dilettantisch für die Anfertigung einer kirchlichen Stola sind, wurden von einer Paramenten-Meisterin zerstreut, einer Schwester, die im Frankfurter Diakonissenhaus jahrzehntelang Paramente, also kirchliche Behänge, angefertigt hat. Auch die Paramente unserer Gemeinde und die Stolen meines Mannes wurden unter ihrer Leitung hergestellt. Aber ich bin sicher, dass ihre Ermutigung, dass ich selbst Symbole sticken sollte, weniger ihre objektive Einschätzung meiner Stickfähigkeiten, sondern eine liebevoll gemeinte Motivation war.

Abgesehen von diesen meinen Vorbehalten waren äußerliche Kriterien wichtig - wie z. B.

  • die 4 liturgischen Grundfarben des Kirchenjahres Weiß, Violett, Grün und Rot müssen vorkommen (genaue Erklärungen darüber würden jetzt zu weit führen , aber Sie finden Sie auf der Website unserer Gemeinde...)
  • die Symbole sollten von weitem erkennbar sein
  • die Symbole dürfen sich nicht gegenseitig „erschlagen“
  • die graphischen Muster müssen zu einander passen.

Manches Symbol wurde von mir anfangs fast rein gefühlsmäßig oder unbewusst ausgewählt - aber im Nachhinein stellte sich wunderbarerweise die Richtigkeit der Entscheidung heraus. Hoffentlich klingt es nicht vermessen, wenn ich darin die Mitwirkung eines Höheren sehe.

Symbol 'Dreieck' auf der Stola von Ursula Schmidt
Symbol 'Christogramm' auf der Stola von Ursula Schmidt
Symbol 'Anker' auf der Stola von Ursula Schmidt
Symbol 'Regenbogen' auf der Stola von Ursula Schmidt
Symbol 'Stern' auf der Stola von Ursula Schmidt
Symbol 'Schiff' auf der Stola von Ursula Schmidt

Aber nun zu den einzelnen Symbolen selbst:
Als erstes das grüne DREIECK mit einer goldenen Krone in der weißen Mitte.
Hier treffen wir gleich auf mehrere Symbole:
Auf die Zahl 3, das Dreieck, die Krone und die Farben Weiß, Grün und Gold.
In der Bibel begegnet uns mehrfach die Zahl Drei. So wird z. B. schon im Schöpfungsbericht Jahwe in der Pluralform genannt, und auch im Neuen Testament taucht die Zahl Drei häufig auf, der Taufbefehl oder die Aufzählung der christlichen Grundtugenden GLAUBE, LIEBE, HOFFNUNG sind nur einige Beispiele dafür.
Die Zahl Drei wird im Laufe der Zeit zur heiligen Zahl der göttlichen Vollkommenheit und Vollendung.
Das Dreieck ist das altkirchliche Dreifaltigkeitssymbol, die Krone das Zeichen der Herrschaft Gottes:
Die Farbe Grün des Dreiecks deutet auf die LEBENDIGKEIT Gottes, die goldene Farbe der Kone auf seine MAJESTÄT und die Farbe Weiß auf die Ewigkeit..

Das wohl bekannteste und weit verbreitetste Symbol ist das sogenannte CHRISTOGRAMM, das Monogramm Christi..
Es ist noch älter als das Symbol des Kreuzes und ist in unzähligen Varianten in Kirchen und auf Kunstwerken in aller Welt zu finden.
Das aus den Anfangsbuchstaben X und R des griechischen Namens Christus bestehende Symbol
beinhaltet den Hinweis auf die siegreiche Auferstehung Jesu Christi.

Einer Legende nach ist das Christogramm im Jahre 312 im Traum dem römischen Kaiser Konstantin vor einer entscheidenden Schlacht als Siegeszeichen erschienen. „In diesem Zeichen wirst du siegen.“ lautete seine Botschaft. Kaiser Konstantin ließ das Christogramm auf den Waffen seiner Soldaten anbringen, förderte nach dem Sieg die Verbreitung der christlichen Botschaft und erkannte das Christentum an.
Der Verfasser des Hebräerbriefes beschreibt mit einem eindrucksvollen Bild die Hoffnung des Glaubenden:
„So sollten wir durch zwei Zusagen, die nicht wanken – denn es ist unmöglich, dass Gott lügt –, einen starken Trost haben, die wir unsre Zuflucht dazu genommen haben, festzuhalten an der angebotenen Hoffnung.
Diese haben wir als einen sicheren und festen Anker unsrer Seele, der auch hineinreicht bis in das Innere hinter dem Vorhang.“

Hier finden wir sicherlich einen Grund, weshalb die ersten Christen den ANKER als Bild für Hoffnung und Zuversicht aufgriffen und den Anker --wie auch den Fisch, das Schiff und die Taube— als geheimes Erkennungszeichen auf ihren Sarkophage und in der Katakombenmalerei verwendeten.

Die kreuzförmige Gestalt des Ankers deutet auf die Passion Christi hin, durch die uns die Hoffnung des ewigen Lebens geschenkt ist.
Somit ist der Anker das Symbol für die Beständigkeit im christlichen Glauben und gleichzeitig für die christliche Auferstehungshoffnung geworden.
Auch in unserer Sprache ist der Anker ein positives Bild geblieben, wenn wir z. B. von einer fest verankerten Überzeugung sprechen oder von einem Lebensanker, der uns Halt verschafft.
Noch älter als das Symbol des Ankers ist der REGENBOGEN, der im Alten und im Neuen Testament immer wieder aufstrahlt.
Im Schöpfungsbericht erscheint er als Zeichen der Versöhnung Gottes mit seinem Volk:
Gott verspricht, nie mehr eine alles vernichtende Sintflut über seine Schöpfung zu schicken und den Wechsel von Tag und Nacht, der Gezeiten Sommer und Winter und den Ablauf von Saat und Ernte zu gewährleisten.
In der Offenbarung des Johannes erscheint Gottes Thron, umgeben vom Lichterglanz des Regenbogens.
So hat der Regenbogen den Botschaftscharakter der Verheißung, und zwar einer doppelten Verheißung:
der Verheißung der bleibenden Bundestreue Gottes mit seinem Volk – UND der Verheißung der Schaffung eines neuen Himmels und einer neuen Erde.
Die drei Grundfarben Blau, Rot, Grün deuten in ihrer Zahlensymbolik auf die Dreieinigkeit und mit ihren Farben auf Jesus Christus: BLAU steht für die himmlische Herkunft Jesu Christi, ROT für seinen Opfertod und GRÜN für das Wirken Jesu auf Erden.
Die sieben Farben des Regenbogens verweisen auf die Gaben des Hl. Geistes, die schon Jesaja nennt, und sind somit wieder ein Hinweis auf den Sohn Gottes:
der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn.
Im Laufe der Kirchengeschichte wurden eine 7. Gabe des Hl. Geistes hinzugefügt.

Eng verbunden mit dem Regenbogen ist das Symbol des STERNS. Auch der Stern deutet sowohl auf die Schöpfung als auch auf Gott und Jesus Christus.

Der Stern gehorcht dem Willen Gottes, er ist der Bringer des Lichtes und hat Anteil am ständigen Kampf zwischen den Mächten des Lichtes und den Mächten der Finsternis. Außerdem kündigt der Stern die Geburt des Messias an, und er begleitet die Weisen nach Bethlehem. Und schließlich zeigt sich die Vollkommenheit des Sterns in dem Bild des viel und oft besungenen Morgensterns, dessen Verkörperung sowohl Gott der Vater als auch Gott der Sohn ist. Insofern ist der Stern auch Sinnbild für Heil und Segen.

Seit Jahrtausenden - schon in vorbiblischer Zeit - ist das SCHIFF Symbol der Reise.
Im Alten Testament begegnet uns das Schiff vor allem als Arche Noah, das vor der Sintflut rettet, und als Schiff, das auf Geheiß Gottes den widerborstigen Jona nach Ninive bringen soll.
Im Nenen Testament hören wir immer wieder von den Booten am See Genezareth und von den Schiffen, mit denen Paulus auf Missionsreisen unterwegs ist.
Allmählich wird das Schiff zum christlichen Symbol der KIRCHE, das die gefährlichen Wogen der Welt und die riskanten Wege der Zeiten bis zum himmlischen Ziel durchquert.
Auch in vielen Kirchenliedern taucht immer wieder das Symbol des Schiffes auf, angefangen von dem alten Adventslied „Es kommt ein Schiff geladen“ bis zu neueren Liedern wie „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“.

Das Schiff als Sinnbild der Kirche ist ein so starkes Symbol, dass es auch heute noch in unserer Sprache existiert, z. B .wenn wir vom Mittel-, Seiten- oder Querschiff einer Kirche sprechen. Geradezu ein Modewort ist das Schiff als modischer Slogan „Boot“ geworden. Immer und überall wird heute gefordert, dass wir Menschen „mit ins Boot holen“ müssen.

Aber auch zwischen dem Schiff und der Seele oder dem Leben des Menschen wird eine symbolische Analogie hergestellt. Man sieht eine Ähnlichkeit zwischen dem Schiff und dem Leben des Menschen. Das Schiff versinnbildlicht nicht nur die Kirche als ganzes, sondern es symbolisiert auch das Lebensschiff des einzelnen Menschen.
Wenn auf den christlichen Grabmälern des 3. und 4. Jh.s ein Schiff zu sehen ist, so ist dies ein Sinnbild für die Seele, die nach oft stürmischen Lebenswegen den sicheren Hafen der Ewigkeit erreicht hat.

Es gäbe sicher noch viel mehr über jedes einzelne Symbol zu sagen. Wahrscheinlich werden auch Ihnen Dinge einfallen, und persönliche Erfahrungen, die Sie im Laufe Ihres Lebens mit Symbolen gemacht haben, werden vielleicht wachgerufen.. Und das ist dann sicher nicht das Resultat meiner Predigt, sondern die Tatsache, dass Symbole eine lebendige WIRKLICHKEIT verkörpern, dass Symbole Sinnbilder für christliche GRUNDWAHRHEITEN sind.

Die 6 Symbole auf meiner Stola - in ihrer Gesamtheit betrachtet - stellen so etwas wie ein christliches Glaubensbekenntnis dar; - und das habe ich eigentlich erst im Nachhinein richtig wahrgenommen. Und insofern ist meine Stola auch für mich, jedes Mal wenn ich sie anziehen darf, ein Geschenk und ein Auftrag.
Wie bereits anfangs gesagt, ist meine Stola für mich ein Symbol: sie ist zum einen ein Geschenk, weil ich als Person zurücktreten darf, sie ist ein Zeichen dafür, dass nicht ich im Zentrum der Verkündigung stehe, sondern das Wort Gottes.
Und zum andern ist meine Stola ein symbolhaftes Zeichen meines Auftrages, dass ich Anteil habe an der Verkündigung der frohen Botschaft. Die Kraft des Wortes Gottes kann und wird sogar durch mich lebendig werden - gleichgültig wie gut ich predigen kann oder wie schlecht ich gepredigt habe.

UND DER FRIEDE GOTTES, DER ALLES MENSCHLICHE BEGREIFEN ÜBERSTEIGT, DER BEWAHRE UNSER DENKEN UND HANDELN IN JESUS CHRISTUS UNSERM HERRN

AMEN !

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