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Predigten von Prädikantin Ursula Schmidt: 8. Sonntag nach Trinitatis: Eph. 5, 8b – 14 Licht, Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit

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'Candles in the Bremen Cathedral', Immanuel Giel, 2009

8. Sonntag nach Trinitatis

Licht, Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit Eph. 5, 8b – 14

Predigt gehalten von Prädikantin Ursula Schmidt am 25.07.10

GNADE SEI MIT EUCH UND FRIEDE VON GOTT, UNSEREM VATER, UND UNSEREM HERRN JESUS CHRISTUS.
GOTT SEGNE MEIN REDEN UND UNSER HÖREN AUF DEIN WORT: AMEN

Der Predigttext für den 8. Sonntag nach Trinitatis steht im Brief des Apostel Paulus an die Gemeinde in Ephesus und steht im 5. Kapitel in den Versen 8b bis 14:

Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

Der Predigttext für diesen Sonntag ist inhaltsschwer. Wenn ich nach allen Auslegungen oder Interpretationen suchen würde, müsste ich in den Bibliotheken aller Welt mehrere Jahre zubringen oder monatelang im Internet recherchieren, um einen ungefähren Überblick zu gewinnen.
Ich könnte - so wie Pfarrer und Theologierprofessoren des barocken Zeitalters im 17. Jh. - stundenlang darüber predigen und Sie jetzt alle entweder in einen mehr oder weniger gesunden Tiefschlaf oder in eine barmherzige Ohnmacht versetzen.

Eines aber könnte ich nicht: ich könnte trotzdem nicht alles ausschöpfen, was dieser Text beinhaltet.
Ich bin weder eine barocke Vielrednerin noch eine routinierte Superpredigerin. Ich bin auch keine unsensible Dozentin, die um jeden Preis ihre Predigt vortragen will, egal, wie schweißtreibend heute das Zuhören ist.
Sie können jetzt aufatmen, denn erstens weiß ich, wie kurz die Spanne des aufmerksamen Zuhörens ist – nicht nur während heißer Sommertage und nicht nur bei Konfirmanden -, und zweitens verfechte ich die Devise „weniger ist mehr“.
Ich werde mich also auf einen Satz unseres Predigttextes beschränken, nämlich den, der auch der Wochenspruch für diese neue Woche ist.

Hören wir also noch einmal die Verse 8 und 9:

„LEBT ALS KINDER DES LICHTS; DIE FRUCHT DES LICHTS IST LAUTER GÜTE UND GERECHTIGKEIT UND WAHRHEIT.“

'Einzelne brennende Kerze', 2009, 4028mdk09

Vier Begriffe sind die Kernaussagen dieses Satzes, ja eigentlich nicht nur die Kernaussagen dieses Satzes, sondern die Grundpfeiler unseres Glaubens:

LICHT - GÜTE - GERECHTIGKEIT - WAHRHEIT.

Auch die Interpretationen dieser vier Begriffe füllen unzählige Bibliotheken in der ganzen Welt und zahllose Websites des Internets.
Nicht nur Theologen der verschiedensten Religionen, sondern Wissenschaftler aller möglichen Fakultäten, wie z. B .Philosophen, Schriftsteller, Juristen oder Soziologen versuchen immer wieder,. diese Begriffe zu deuten.
Politiker nehmen diese Begriffe in den Mund, um damit ihre Parteiprogramme zu untermauern und zu verkaufen; sie tun das beliebig und ausgiebig, ohne rot zu werden.
Vertreter der unterschiedlichsten Weltanschauungen, Geschäftemacher der Esoterik, selbsternannte Apostel der Werbebranche nutzen diese Begriffe für ihre mehr oder weniger obskuren Projekte und schlachten sie profitgeil und gnadenlos aus.
Um es salopp auszudrücken: Mit diesen Begriffen lässt sich heute richtig gut Kohle machen!

Wenn wir die Begriffe LICHT, GÜTE, GERECHTIGKEIT, WAHRHEIT jedoch in der Lichtquelle der Bibel betrachten, können wir damit weder das große Geld machen noch uns bequem zurücklehnen und darüber unbeteiligt debattieren.
In der Bibel werden diese Begriffe nämlich nicht als ideale Charaktereigenschaften des Menschen oder als Ziele einer humanen Gesellschaft gedeutet, sondern als Wesenszüge Gottes!
Nur Gott ist licht, nur Gott ist gut, nur Gott ist gerecht, nur Gott ist wahrhaftig!
Und weil Gott die Verkörperung von Licht, Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit ist, wird er immer wieder als Inbegriff dessen gepriesen und gelobt.
Besonders in den Psalmen des Alten Testaments und in den Liedern unseres Gesangbuches finden wir diesen Lobpreis.
Und da wir diesen Schatz an Liedern leider viel zu wenig ausschöpfen, da wir diese Lieder viel zu selten lesen oder singen, werden Sie heute während der Predigt zu mehr Aktivität als üblich aufgerufen:

Heute dürfen Sie nicht nur zuhören, heute dürfen Sie zwischendurch singen und mit Ihrem Singen die Botschaft der Predigt unterstreichen. Und wenn Ihnen das Singen in der Kirche peinlich sein sollte, weil man Sie dann ja hören könnte – oder weil Sie meinen, keine Singstimme zu haben, vergessen Sie Ihre Vorbehalte, singen Sie trotzdem mit - oder wenn es gar nicht anders geht, lesen Sie die Verse mit.
Sie werden feststellen, wie viel Freude es macht, Gott als Quelle des Lichts, der Güte, der Gerechtigkeit und der Wahrheit zu preisen! GOTT ist LICHT von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Wir singen die 1. Strophe des Liedes 450 „Morgenglanz der Ewigkeit“

Morgenglanz der Ewigkeit,
Licht vom unerschaffnen Lichte,
schick uns diese Morgenzeit
deine Strahlen zu Gesichte
und vertreib durch deine Macht
unsre Nacht.

Ohne Licht verkümmern Menschen, Tiere und Pflanzen.
Sie wissen alle, dass es in den oft düsteren Monaten des Spätherbstes und des Winters so aussieht als wären die Tage kürzer, weil es mehr dunkle als helle Stunden gibt – weil die Sonne seltener scheint als im Sommer.
Sie werden alle schon die Erfahrung gemacht haben, dass dann die Laune bis zum Tiefpunkt sinken kann, dass Depressionen entstehen oder zunehmen können.
Es gibt dann Ratschläge wie z. B. „Kaufen Sie sich gelbe oder orangefarbene Blumen!“ oder „Zünden Sie Kerzen an!“ Aber nicht immer helfen diese Aufmunterungsversuche.
Ohne Licht ist unsere Energie oft auf dem Tiefpunkt, ohne Licht scheint uns das Leben nicht lebenswert.
Begegnen wir Blinden auf der Straße, schauen wir lieber weg, machen oft einen größeren Bogen um sie als notwendig wäre.
Und doch können gerade Blinde uns den Weg zum wahren Licht zeigen, indem sie uns zu dem weisen, der der Ursprung und die Quelle allen Lichts ist.

'Helen Keller', ca. 1905(1905)

In besonderer Weise hat das die Schriftstellerin Helen Keller getan, die blind, taub und stumm war und dennoch, ihrer Behinderungen zum Trotz, vielen Menschen den Weg ins Leben erhellt hat.
Oder denken Sie an ein ehemaliges Gemeindeglied, der als Organist Helmut Walcha weltberühmt wurde, weil er die Musik Johann Sebastian Bachs zum Leuchten gebracht hat, und der als Mensch bescheiden blieb und immer wieder auf Gott als die Quelle seines Lebens gewiesen hat.
GOTT I S T LICHT! Er schafft Licht. Er hat Licht erschaffen, damit wir leben .
Er hat seinen Sohn gesandt als Licht in unsere Dunkelheit.

Wir singen jetzt die 2. Strophe des Liedes 459 „Die Sonn hoch an dem Himmel steht“

Die rechte Sonn ist Jesus Christ,
das Licht er zu dem Leben ist,
das er uns heute durch sein Wort
hell leuchten läßt an allem Ort.

So wie das Licht Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit leuchtet, so auch seine GÜTE.
Güte ist eine Eigenschaft, die in unserer Gesellschaft völlig unpassend geworden ist.
Güte ist in unserer Ellenbogengesellschaft nicht nur veraltet, sondern sogar lebensgefährlich!
Wer Karriere machen will, kann sich Güte nicht leisten.
Gütige Menschen, die sich selbst zurücknehmen können, die zu allererst den Mitmenschen im Auge haben, denen das Wohl anderer Menschen wichtiger ist als ihr eigenes, gütige Menschen haben Seltenheitswert.
Selbst alte Menschen, die man früher unter der Kategorie „alt, weise und gütig“ einordnete, weil sie angeblich ihr Leben gelebt und gegen Ende ihres Lebens für andere da zu sein hatten, lassen sich nicht mehr in dieses Schema pressen.
Ja, wissen wir überhaupt noch, dass das Wort „gütig“ von dem Wort „gut“ her kommt?
Und wer ist heute überhaupt noch „gut“?!
Wenn man heute jemanden einen „Gutmenschen“ nennt, so ist das in der Regel leicht ironisch oder abwertend gemeint. „Der gute Herr X, die gute Frau Y.“, die müsste man eigentlich bedauern, weil sie mit ihren Wertvorstellungen und ihrer Lebensart nicht mehr in unsere Welt passen.
Vielleicht aber deutet unser Spott auf etwas, was wir gar nicht beabsichtigt haben, nämlich dass der Mensch in seinem Wesen nicht wirklich „gut“ sein kann, weil nur Gott allein gut ist!
Das jedenfalls behauptet die Bibel. Die Begriffe „gut“ und „Güte“ werden nur im Zusammenhang mit Gott verwendet, und zwar seit der Schöpfungsgeschichte „..und Gott sah, dass alles gut war.“
GOTTES GÜTE hat Ewigkeitscharakter.

Das kommt am besten zum Ausdruck in der 1.Strophe des Liedes 333, das viele von Ihnen seit ihrer Jugend kennen, „Danket dem Herrn!

Danket dem Herrn!
Wir danken dem Herrn,
denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich,
sie währet ewiglich, sie währet ewiglich!

Ähnlich selten wie Güte ist GERECHTIGKEIT in unserer modernen Welt zu finden.
Wahrscheinlich wachsen wir schon damit auf zu meinen, meistens ungerecht behandelt zu werden. Schon Kindern fällt es meistens schwer zuzugeben, dass sie an etwas schuld sind; es ist viel leichter, anderen das in die Schuhe zu schieben, was man pexiert hat.
Bald sind es die Lehrer, die an allem schuld sind, anfangs ist ihre fehlende Gerechtigkeit schuld an schlechten Noten, später an verpassten Chancen im Leben.

'Justice et inégalité: les plateaux de la balance', 2010, Frachet

Immer wieder glauben wir, der Ungerechtigkeit wehr- und hilflos ausgeliefert zu sein.
Angefangen bei der Ungerechtigkeit in der Rechtssprechung ( gibt es überhaupt gerechte Gerichtsurteile?), bis hin zu der Ungerechtigkeit im Lebensschicksal von Menschen - wie bei der gestrigen Katastrophe während der Love-Parade in Duisburg - und dem ewigen Warum von Krankheit, Schmerz und Leid in der Welt.
Würde man nicht besser der Wirklichkeit ins Auge sehen und Gerechtigkeit für das halten, was es ist, nämlich ein Wunschgebilde, ein unrealistisches Ideal oder ein Hirngespinst ?
Wäre es nicht leichter, überhaupt nicht an Gerechtigkeit zu glauben?
Für die Bibel aber und für die Dichter unseres Gesangbuches ist die GERECHTIGKEIT GOTTES so felsenfest wie die Berge, sie gehört untrennbar zum Licht und zur Güte Gottes.
Und wir haben teil an dieser Gerechtigkeit, wenn wir an Jesus Christus als den Sohn Gottes glauben.
Dementsprechend ist auch jeder einzelne von uns verantwortlich für das Wirken dieser göttlichen Gerechtigkeit, und wir sollten auch in der Gemeinschaft der Kirche dafür einstehen, dass
diese Gerechtigkeit nicht beschädigt oder behindert wird.
Die vielen Skandale innerhalb der Kirche, die uns in letzter Zeit immer wieder aufwühlen, zeigen, wie sehr wir Menschen immer wieder aufs neue diese Gerechtigkeit beschädigen und unseren Glauben unglaubwürdig machen.

Stimmen wir deshalb einen der bekannten Bittgesänge an, indem wir die erste Strophe des Liedes „Sonne der Gerechtigkeit“ singen, EG 263.

Sonne der Gerechtigkeit,
gehe auf zu unsrer Zeit;
brich in deiner Kirche an,
daß die Welt es sehen kann.
Erbarm dich, Herr.

Wenn wir schon Schwierigkeiten haben, den Begriff „Gerechtigkeit“ zu verstehen, so wird es sicher nicht einfacher, uns dem Begriff „WAHRHEIT“ anzunähern.
Nicht erst seit Pilatus wird immer wieder die Frage gestellt „Was ist Wahrheit?“
Und eigentlich bleibt die Antwort darauf ein ewiges Rätsel.
Schauen Sie mich jetzt bitte einmal ganz genau an und versuchen Sie herauszufinden, was ich in meiner Hand halte.
Wenn ich Sie auffordern würde, diesen Gegenstand zu beschreiben, dann würde diese Beschreibung jedes Mal etwas anders ausfallen – je nachdem wo Sie sitzen und aus welchem Blickwinkel Sie diesen Gegenstand betrachten. Sie werden jedenfalls nicht den Gegenstand als Ganzes sehen, sondern nur einen Teil davon.
Und so ist es auch mit der Wahrheit. Wir sehen immer nur einen Teil davon - selbst dann, wenn wir meinen, genau hinzuschauen, eine Sache oder ein Problem genau zu analysieren.
Wir Menschen erkennen nur Teilwahrheiten, niemals die ganze Wahrheit.
Nur uneinsichtige Fundamentalisten und sture Sektierer glauben unbelehrbar daran, die ganze Wahrheit für sich gepachtet zu haben.
Als Christen glauben wir, dass Gott allein die Wahrheit kennt und dass Gott allein die Quelle der Wahrheit ist.
Gott hat diese Wahrheit, die wir, solange wir auf Erden leben, nur bruchstückweise erkennen, in seinem Sohn offenbart. Jesus Christus leuchtet auf den Weg zur Wahrheit und damit zum wahren Leben - wie er selbst es sagt:
„ICH bin der Weg, die Wahrheit und das Leben…“

'On the cross, a holy light so tender and kind', 2008, Wing-Chi Poon

Im christlichen Glauben gehören LICHT, GÜTE, GERECHTIGKEIT und WAHRHEIT untrennbar zusammen, ja, sie sind sogar identisch, eines kann nicht ohne das andere sein.

Wir können Gott nur täglich darum bitten, zu „KINDERN DES LICHTS“ zu werden; von alleine werden wir das nicht.

Wir können nur bitten, was wir jetzt zum Abschluss singen werden:
„Sende dein Licht und deine Wahrheit“, EG 172.

UND DER FRIEDE GOTTES, DER ALLES MENSCHLICHE DENKEN UND HANDELN ÜBERSTEIGT, DER BEWAHRE UNSER LEBEN IN UNSERM HERRN JESUS CHRISTUS: AMEN!

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Die Photographie 'On the cross, a holy light so tender and kind', 2008, Wing-Chi Poon, ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

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