Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Markus 4, 26 - 29 Erfolg ist programmiert

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'Murphy's law in action', 2007, EgoVolo

Vorfastenzeit - Sexagesimae

Erfolg ist programmiert Markus 4, 26 - 29

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2005

Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst - er weiß nicht, wie. Denn von selbst (automatos) bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn sie aber die Frucht gebracht hat, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.
Markus 4, 26 - 29

Es gibt ein angebliches Naturgesetz, das Murphy’s Gesetz genannt wird. Es handelt sich dabei um ironischen Humor. Dieses ironische Gesetz lautet: „Wenn etwas schief gehen kann, dann wird es auch schief gehen.“ Hinter diesem Gesetz stecken Alltagserfahrungen. Zum Beispiel, wenn man in einem Postamt ist, und es gibt zwei Schalter, die offen sind, dann wird man sich unweigerlich in die Schlange einreihen, die langsamer geht. Oder wenn ein Butterbrot auf den Boden fällt, dann wird garantiert die gebutterte Seite nach unten fallen, aber erst dann wenn man auf einem Teppich steht. Oder wenn man eine Parklücke für das Auto sucht und weit weg von dem Haus parkt, das man aufsuchen will, wird man garantiert anschließend direkt vor dem Haus eine Parklücke sehen. Murphy’s Gesetz hat zu weiteren pessimistischen Gesetzen geführt. Wie z. B.: „Wenn etwas nicht mehr schlimmer werden kann, so wird es noch schlimmer“. Oder: „Immer wenn man glaubt, es geht besser, so hat man etwas übersehen“. Oder: „Die Abkürzung ist die längste Entfernung zwischen zwei Punkten.“ Oder: „Egal was schief geht, immer ist jemand da, der das schon im voraus wusste.“

Wer zu einer Kirchengemeinde gehört, könnte auch manchmal denken, dass zuletzt der Misserfolg programmiert ist, wie Murphy’s Gesetz ankündigt. Als Gemeinde haben wir zwar viele schöne, gelungene Veranstaltungen. Wir können uns freuen, dass so viel gut geht. Aber am Ende, egal wie gut wir unsere Arbeit gemacht haben, werden wir unweigerlich mit rückgängigen Zahlen konfrontiert. Egal was wir machen, können wir die Vergänglichkeit und die Unbeständigkeit des Lebens nicht aufhalten, die unsere Gemeindearbeit beeinträchtigt.

Oder egal wie viel Mühe wir uns geben, einander zu verstehen, werden Missverständnisse und Konflikte eintreten, die uns viel Zeit und Energie kosten. Manchmal könnte man es wie Murphy’s Gesetz formulieren - nach der Weise: wenn ein Missverständnis entstehen könnte, dann wird es garantiert eintreten. Und wenn eine Verständigungsschwierigkeit eingetreten ist, dann wird sie garantiert mit so vielen Komplikationen einhergehen, dass viel Schaden angerichtet wird, bis sie geklärt ist. Jede Kirchengemeinde muss mit solchen Missgeschicken fertig werden.

Auch wenn Murphy’s Gesetz eine zeitgemäße Formulierung ist, ist die Lebenserfahrung, die dahinter steckt, uralt - so alt wie die Bibel. Auch die ersten Christen haben Misserfolg gekannt. Wir haben manchmal eine idealisierte Vorstellung von der Urchristenheit, dass die ersten Christen ein Herz und eine Seele waren. Aber wer das Neue Testament sorgfältig liest, wird feststellen, dass die ersten Kirchengemeinden Konflikte und Misserfolge hatten, die gigantisch waren und die uns heute völlig überfordern würden. Die Probleme, die wir heute kennen, sind harmlos im Vergleich zu den Herausforderungen der Urchristenheit.

Die Gleichnisse Jesu sind in diesem Zusammenhang zu sehen. Jesus wusste offensichtlich, was seinen Anhängern bevorstand. Er wusste, dass Misserfolg, Streit und Anfechtung zu dem Alltag seiner Kirche gehören würden. Und seine Gleichnisse sollten Ermutigung bieten. In dem Text, der für heute vorgesehen ist, geht es um die Entstehung des Reiches Gottes. Das Reich Gottes ist die Verwirklichung der Herrschaft Gottes in dieser Welt. Das Reich Gottes ist vergleichbar mit einer Ernte, denn sie bedeutet die Vollendung der Menschheitsgeschichte. Wenn Gott seine Herrschaft verwirklicht, dann wird es eine umfassende Gerechtigkeit und einen endgültigen Frieden geben. In dem Gleichnis heißt es:

'Reife Weizenähren', 2006, User:H.-J. Sydow

Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst - er weiß nicht, wie. Denn von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn sie aber die Frucht gebracht hat, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.

In diesem Text steckt ein bezeichnendes Wort. Es heißt: „von selbst bringt die Erde Frucht“. Das Wort in dem Urtext, das als „von selbst“ übersetzt wird, ist das griechische Wort „automatos“, von dem wir das Wort automatisch haben. Dieses Wort bringt zum Ausdruck, dass Gott sein Ziel für diese Welt erreichen wird, egal ob wir Menschen dafür oder dagegen arbeiten. Mit anderen Worten: der Erfolg der Menschheitsgeschichte ist programmiert. Murphy’s Gesetz geht davon aus, dass Misserfolg programmiert ist und deshalb automatisch eintritt. Aber zuletzt ist das Gegenteil wahr: Erfolg ist von Gott programmiert.

Dietrich Bonhoeffer machte dementsprechend die folgende Bemerkung: „Das Neue Testament interessiert sich ausschließlich dafür, wie die Realität Christi die Realität der gegenwärtigen Welt wird, die sie schon umfasst, festgehalten und in Besitz genommen hat. Es gibt nicht zwei Wirklichkeiten, die nebeneinander stehen, und miteinander konkurrieren ...Sondern die ganze Wirklichkeit der Welt ist schon in Christus hineingezogen und in ihm zusammengebunden.“

Deswegen müssen wir lernen, die sogenannte Wirklichkeit anders zu sehen. Denn das Wirken Gottes ist sichtbar für den, der Augen dafür hat. In diesem Zusammenhang gibt es eine Begebenheit, die eine christliche Betrachtungsweise veranschaulicht.

Im 16. Jahrhundert lebte ein christlicher Tuchhändler namens Jeannot in Paris, dessen einziger Freund ein Jude namens Abraham war. Der Tuchhändler versuchte, seinen Freund zum Christentum zu bekehren, aber vergeblich. Der Jude aber nahm sich vor, seinem Freund zuliebe nach Rom zu pilgern, um den Stellvertreter Christi mit eigenen Augen zu sehen. Er sagte: „Ich will seinen Lebenswandel und den seiner Kardinäle anschauen. Und wenn sie mir so gefallen, dass ich aus ihrem Betragen erkenne, dass euer Glaube wirklich besser ist als meiner, werde ich mich taufen lassen.“ Der Tuchhändler war entsetzt, denn es war damals bekannt, wie korrupt und degeneriert die hohe römische Geistlichkeit war. Aber Abraham, war von seinem Vorhaben nicht abzubringen. Als er zurückkam und von seinen Beobachtungen berichtete, musste der Tuchhändler feststellen, dass seine schlimmsten Befürchtungen nicht nur bestätigt, sondern sogar übertroffen wurden. Das, was der Jude sah, bestätigte eins der ironischen Gesetze, das vorhin zitiert wurde: „Wenn etwas nicht mehr schlimmer werden kann, so wird es noch schlimmer“. Abraham berichtete folgendes: „Ich fand sie (d. h. die christliche Obrigkeit) ruchlos! Verdammt seien sie alle! Bei keinem einzigen Geistlichen fand ich Frömmigkeit, Gottesfurcht, Nächstenliebe, sondern nur Geilheit, Habsucht, Betrug, Neid, Stolz und andere Laster, Rom erschien mir als eine Werkstatt des Teufels. Mir scheint, dass der oberste Seelenhirt und mit ihm alle anderen Geistlichen, statt Fundament und Stütze der Kirche zu sein, nach besten Kräften auf jede erdenkliche Art und Weise darauf bedacht sind, die christliche Kirche zu zerstören und vom Erdboden verschwinden zu lassen.“

Und dann kam die Überraschung, denn Abraham sagte: „Weil ich aber sehe, dass im Gegenteil euer Glaube sich immer weiter ausbreitet und in immer klarerem Licht erstrahlt, scheint mir das ein Beweis dafür, dass der Heilige Geist selbst das Fundament und die Stütze der Kirche ist. Das Christentum muss wahrer und heiliger sein als die anderen Religionen der Welt. Noch heute will ich mich taufen lassen.“

'George Harrison', 1974, David Hume Kennerly

Diese Betrachtungsweise entspricht dem Gleichnis aus dem Markusevangelium, das für heute vorgesehen ist. Denn „der Same geht auf und wächst“– wir wissen aber nicht wie oder warum. Denn wie von selbst ist eine vollendete Welt dabei, zustande zu kommen. Und auch die schlimmsten Entgleisungen der Menschen werden diese Vollendung nicht aufhalten können. Es lohnt sich also, für Gott zu arbeiten, denn das gute Endergebnis steht fest. Es lohnt sich, Gott unser Bestes zu geben, denn alles, was wir für Gott tun, wird nicht umsonst sein und geht nicht verloren.

George Harrison gehörte zu der berühmtesten Musikgruppe aller Zeiten: den Beatles. Er war einmal einer der berühmtesten Männer der Welt. Er kannte alles, was ein erfolgreiches Leben ausmachen sollte: er hatte unvorstellbaren Einfluss und eine Beliebtheit, die traumhaft war. Er hatte mehr Geld, als er jemals ausgeben konnte. Er hatte kreatives künstlerisches Talent. Aber trotz allem Erfolg, den er genossen hatte, musste er folgendes feststellen: „Wenn man an die Erfahrungen denkt, die ich hatte – die berühmten Personen, die ich kennen gelernt hatte, das Geld, die Weltreisen und den Ruhm – muss ich mich trotzdem fragen – ist das wirklich alles? Vielleicht gibt es Leute, die sich damit zufrieden geben könnten. Das konnte ich nicht und das kann ich immer noch nicht.“ Diese Aussage macht deutlich, dass unsere menschlichen Herzen sich nach etwas sehnen, was noch nicht voll und ganz da ist. Nur das Reich Gottes kann unsere Seelen zuletzt wirklich zufrieden stellen. Und diese vollendete Welt Gottes kann nur Gott verwirklichen. Und die große Verheißung der Bibel lautet: Gott wird sich durchsetzen – keine Macht wird ihn von seinem Ziel abbringen. Der Erfolg ist programmiert und wird auf jeden Fall eintreten. Das soll uns motivieren und Kraft geben, in der Sache Gottes auszuharren und ihm treu zu bleiben. Amen.

Die Photographie 'Reife Weizenähren', 2006, User:H.-J. Sydow, wurde von ihrem Urheber zur uneingeschränkten Nutzung freigegeben. Diese Datei ist damit gemeinfrei („public domain“). Dies gilt weltweit.
Die Photographie 'George Harrison', 1974, David Hume Kennerly, ist in den Vereinigten Staaten gemeinfrei, da es von einem Beamten oder Angestellten einer US-amerikanischen Regierungsbehörde in Ausübung seiner dienstlichen Pflichten erstellt wurde und deshalb nach Titel 17, Kapitel 1, Sektion 105 des US Code ein Werk der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ist.

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