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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Ewigkeitssonntag: Jesaja 65, 17 – 19. 23 – 25 Zukunftsvisionen sind lebensnotwendig

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'Vor dem Aufbruch', 1990 - Walter Habdank. © Galerie Habdank

'Vor dem Aufbruch', 1990 - Walter Habdank.
© Galerie Habdank

Ewigkeitssonntag

Zukunftsvisionen sind lebensnotwendig Jesaja 65, 17 – 19. 23 – 25

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2006

Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. Und es soll geschehen: ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören. Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR. Jesaja 65, 17 – 19. 23 – 25

In einer Kirche in Indien wurde Erntedankfest gefeiert. Eine ältere Witwe brachte eine riesige Portion Reis als Opfergabe zum Altar – was nach dem Gottesdienst an ärmere Gemeindeglieder zu verteilen war. Der Pfarrer dieser Gemeinde wusste, dass diese Frau es sich nicht leisten konnte, so viel zu spenden, und er vermutete, dass Sie für irgendetwas besonders dankbar war. Er ging auf sie zu und fragte sie, ob etwas Außergewöhnliches eingetreten wäre, für das sie besonders dankbar war. Die Frau erwiderte: „Ja, mein Sohn war schwer krank und ich hatte Gott versprochen, eine große Gabe zum Erntedankaltar zu bringen, wenn es ihm besser ging.“ Der Pfarrer fragte: „Und ist Ihr Sohn wieder gesund?“ Die Frau zögerte einen Moment und sagte schließlich: „Nein. Er ist letzte Woche gestorben. Aber ich weiß, dass er jetzt in Gott aufgehoben und geborgen ist, und dafür bin ich besonders dankbar.“

Diese Begebenheit macht deutlich, was die evangelische Christenheit heute am Ewigkeitssonntag feiert. Auf der einen Seite bringen wir unsere Trauer vor Gott und wir verdrängen diese Trauer nicht. Aber auf der anderen Seite feiern wir, dass unsere Verstorbenen jetzt in Gott aufgehoben und geborgen sind. Diese Verheißung wird später symbolisch vor Augen geführt, wenn wir bei der Verlesung der Namen der Verstorbenen die Kerzen am Altar anzünden. Für jeden Namen gibt es eine Kerze. Und dass die Kerzen am Altar stehen, soll zeigen, dass unsere Verstorbenen bei Gott sind und zu seinem ewigen Licht gehören. Und wenn wir Abendmahl feiern, haben wir diese Kerzen vor Augen als eine bildliche Darstellung, dass die Abendmahlsfeier uns mit denen verbindet, die uns vorausgegangen sind.

'Kerzen vor dem Altar am Ewigkeitssonntag im Kirchsaal Süd', 2008, PSch

Aber die christliche Verheißung ist noch umfangreicher. Wir glauben nicht nur, dass wir zu Gott heimkehren, wenn das Leben auf dieser Erde vorbei ist. Es geht Gott nicht nur um das ewige Schicksal von einzelnen Personen. Sondern es geht um das Schicksal dieser Erde. Wie wir vorhin in dem Text aus dem Propheten Jesaja gehört hatten:

Siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe.

Und ein Brennpunkt für das, was Gott mit seiner Schöpfung vorhat, ist die Stadt Jerusalem. Jerusalem ist in diesem Rahmen nicht nur eine konkrete, irdische Stadt, sondern ein Sinnbild für das künftige Leben in Herrlichkeit. Der Prophet Jesaja kann diese Zukunftsvision nur bruchstückhaft andeuten, wenn er schreibt:

Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. Und es soll geschehen: ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören. Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.

Was diese Worte genau bedeuten, wird erst erkennbar, wenn Gott seine Schöpfung vollendet und seine Verheißungen verwirklicht. Wir brauchen auch nicht zu wissen, was genau eintreten wird, wenn Gott sich durchsetzt.

Aber wir brauchen solche Zukunftsvisionen, wie sie bei dem Propheten Jesaja formuliert sind, denn sie sind lebensnotwendig.

In diesem Zusammenhang gibt es eine Legende der nordamerikanischen Ureinwohner. Ein Häuptling lag im sterben und holte seine drei Söhne zu sich. Er sagte: „Ich werde bald sterben und einer von euch wird mich als Häuptling nachfolgen. Ich will, dass ihr unseren heiligen Berg besteigt und etwas Wunderschönes zurückbringt. Wer das Hervorragendste zurückbringt, wird der neue Führer unseres Stammes.“ Nach einigen Tagen kamen die Söhne zurück. Der erste brachte eine Blume, die extrem selten und bezaubernd schön war. Der zweite brachte einen Stein, der farbenprächtig war, und der durch Wind und Regen poliert wurde. Der dritte Sohn sagte: „Vater, ich habe nichts zurückgebracht. Als ich auf unserem heiligen Berg stand, sah ich auf der anderen Seite ein Land mit saftiggrünen Wiesen und einen See, der wie ein Juwel aussah. Und ich hatte eine Vision, dass unser Stamm dort hinziehen könnte, um besser leben zu können. Ich war so überwältigt von dem, was ich sah und was ich dachte, dass ich nicht in der Lage war, etwas Materielles zurückzubringen.“ Und der Vater sagte: „Du sollst unser Häuptling sein, denn du hast uns eine Vision für eine bessere Zukunft geschenkt.“

'Bullhead Trail Overlook', 2006, Scott Basford

Heute wenn wir um geliebte Menschen trauern, brauchen wir auch die Zukunftsvisionen der Bibel, damit wir mit Würde und Mut leben können. Denn so schön es ist, zu wissen, dass unsere Verstorbenen in Gott aufgehoben und geborgen sind, ist diese wunderschöne Verheißung zuletzt zu wenig. Denn es könnte der Eindruck entstehen, als ob das Leben in der Geborgenheit Gottes ein Leben in Stillstand ist. Stillstand ist auf die Dauer unerträglich. Wahrscheinlich kennen Sie das bekannte Märchen von dem Münchner im Himmel, der das himmlische Leben unerträglich langweilig findet. Aber unser Gott ist nicht ein Gott des Leerlaufs, sondern er ist unser Schöpfer, der neue Schöpfungen vorhat. Denn wie es in dem Jesajatext heißt:

„Siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe.“

Die Photographie 'Bullhead Trail Overlook', 2006, Scott Basford, wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht. Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren.

Wir danken Frau Friedgard Habdank sehr herzlich, dass sie uns die Bilder ihres Mannes auf so großzügige und kostenlose Weise zur Verfügung gestellt hat. © Galerie Habdank, www.habdank-walter.de

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