Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: 1. Petrus 3, 8 – 17 Fehler sind lebensnotwendig

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'Coca-Cola in a glass with ice', 2001 - Summi

4. Sonntag nach Trinitatis

Fehler sind lebensnotwendig 1. Petrus 3, 8 – 17

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2006

Endlich aber seid allesamt gleichgesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt. Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses tun« (Psalm 34,13-17). Und wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmut und Gottesfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen. Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen. 1. Petrus 3, 8 – 17

Einer der bekanntesten Marken-Namen auf der ganzen Welt ist „Coca-Cola“. Die Firma, die Coca-Cola produziert, gehört zu den erfolgreichsten. Aber diese Firma hat auch Misserfolge erlebt. Sie haben andere Getränke angeboten, z. B. Choglit, OK und Surge. Diese Namen werden Ihnen nichts sagen, denn diese Getränke waren totale Misserfolge und werden deshalb nicht mehr angeboten. Es gab einmal eine Versammlung der Aktionäre von Coca-Cola und der Vorstandschef der Firma - mit dem Namen Neville Isdell - hielt einen Vortrag über diese misslungenen Getränke. Er teilte den Aktionären mit, dass es für eine Firma lebensnotwendig sei, sich auf Risiko einzulassen, auch wenn das Ergebnis ein Misserfolg ist. Er sprach von sogenannten „intelligenten, klugen“ Misserfolgen. Denn auch wenn es, kurzfristig gesehen, bei einer Fehlentwicklung schmerzhafte Verluste gibt, sind solche Fehler als Lernerfahrung notwendig, damit langfristiger Wachstum möglich ist. Ein Schritt rückwärts ist manchmal notwendig, damit ein großer Schritt vorwärts eintreten kann. Er sagte: „Während wir uns auf immer mehr Risiken einlassen, müssen wir Fehler akzeptieren, weil sie zu dem Regenerierungsprozess gehören.“

Nicht nur Coca-Cola, sondern einige Firmen haben gelernt, dass die Bereitschaft, Fehler zu machen, unentbehrlich ist, wenn man, langfristig gesehen, erfolgreich sein will.

Diese Erkenntnis aus der Wirtschaft gilt auch für die Christenheit. Es ist für eine christliche Gemeinschaft tödlich, wenn es keine Risikobereitschaft gibt. Wenn Sicherheit das oberste Gebot ist, ist die Kirche so gut wie tot.

Wenn die Anhänger Jesu von Sicherheitsgedanken geprägt gewesen wären, wäre die Jesusgemeinde in Jerusalem innerhalb einer Generation ausgestorben. Die Bereitschaft, die Botschaft Jesu in die heidnische, nicht jüdische Welt zu tragen, war absolut lebensnotwendig. Dabei gab es massenhaft viele Fehler und Fehlentwicklungen. Aber diese Fehler waren unerlässlich als Lernerfahrungen.

Auch Martin Luther machte viele Fehler; aber wenn Sicherheit das oberste Gebot für ihn gewesen wäre, gäbe es heute keine evangelisch-lutherische Kirche. Auch die römisch-katholische Kirche hat zuletzt von Martin Luther profitiert.

Wenn ich an meine eigene Entwicklung denke, habe ich die größten Fehler gemacht in meinen ersten Versuchen, den christlichen Glauben in privaten Gesprächen zu vermitteln. Als ich 20 Jahre alt war, hatte ich eine Phase, in der ich als Zeuge des christlichen Glaubens besonders eifrig war. Und wenn ich heute daran denke, wie ich damals den Glauben vermittelt hatte, - in persönlichen Gesprächen und in Briefen – ist es mir peinlich, denn ich habe wahrscheinlich eher Schaden angerichtet, als dass ich etwas Hilfreiches getan hätte, weil ich übereifrig war; denn das, was ich vermittelte, war fehlerhaft und unausgegoren. Aber auf der anderen Seite: ohne diese Fehlentwicklung wäre ich irgendwann in meinem Glaubensleben stagniert.

Die Bereitschaft, wegen einer übereifrigen Haltung Fehler zu machen, ist eine grundlegende Dynamik der Christenheit. Die Christenheit lebt von Menschen, die übertreiben, überspannt sind, die unvorsichtig handeln; die Christenheit lebt von Personen, die unausgegorene Ansichten haben und trotzdem reden und handeln.

Es gibt einen Theologen, der ein Buch geschrieben hat mit dem Titel: „Die gute Nachricht ist zum Teilen da.“ Er hat untersucht, warum es Christen gibt, die nicht bereit sind, über ihren Glauben mit anderen zu reden. Und er hörte folgende Aussagen:
  1. „Ich habe die Angst, dass ich Schaden anrichten könnte.“
  2. „Ich weiß nicht, was ich sagen sollte“
  3. „Vielleicht wäre ich nicht in der Lage, Fragen zu beantworten.“
  4. „Es könnte der Eindruck entstehen, als ob ich fanatisch bin.“
  5. „Ich könnte aufdringlich wirken“
  6. „Ich habe Angst, ich könnte dabei versagen.“
  7. „Ich habe Angst, ich könnte scheinheilig wirken.“
Diese Ängste sind alle verständlich und nachvollziehbar. Aber sie dürfen zuletzt nicht ausschlaggebend sein, denn die Christenheit ist dazu beauftragt, ihre Hoffnung nicht für sich zu behalten.

Wie es in dem Text aus dem 1. Petrusbrief heißt, der für heute vorgesehen ist:

Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmut und Gottesfurcht.

Niemand ist verpflichtet, aufdringlich zu sein oder wie ein Fanatiker aufzutreten. Es genügt zunächst, bereit zu sein, die christliche Hoffnung zu erläutern, wenn man danach gefragt wird.

'Diamonds', photographed by Mario Sarto, 2004

Es gibt eine Geschichte von einem Mann mit dem Namen Ali Facid. Er besaß einen Bauernhof. Eines Tages wurde er von einem buddhistischen Mönch besucht, der sagte: „Es gibt wertvolle Steine, die Diamanten genannt werden; wenn Du solche Steine finden könntest, könntest du ein reicher Mann werden.“ In der Nacht konnte der Bauer nicht schlafen, denn die Worte des Mönches verfolgten ihm. Er wurde von dem Gedanken besessen, Diamanten zu finden. Daraufhin verkaufte er seinen Bauernhof und brachte seine Familie bei einem Nachbar unter. Dann machte er sich auf die Suche nach Reichtum. Nach einigen Monaten war Ali pleite und hoffnungslos entmutigt. In der Bucht von Barcelona warf er sich ins Wasser und beendete damit sein Leben. Aber der Mann, der seinen Bauernhof gekauft hatte, entdeckte eines Tages in seinem Garten einen Stein, der besonders hübsch aussah und er legte ihn auf den Kaminsims. Später kam ein Besucher vorbei, der diesen Stein als einen Diamanten identifizierte. In dem Garten wurden im Laufe der Zeit weitere Diamanten entdeckt, die so wertvoll waren, dass sie königliche Kronen in Europa und Asien schmückten.

Diese Geschichte ist nicht erfunden, sondern ist eine wahre Begebenheit. Und sie kann uns als Gleichnis dienen. Wir haben als Christenheit einen Missionsauftrag. Aber um diesen Auftrag zu erfüllen, brauchen wir keine langen Reisen zu unternehmen. Die Menschen, die in unserer Umgebung leben, die ohne christliche Hoffnung leben – sind wie Diamanten, die zunächst unscheinbar aussehen, die aber für Herrlichkeit vorgesehen sind. Die christliche Verheißung lautet: alle Menschen sind für ewige Herrlichkeit bestimmt.

Aber ohne diese Hoffnung leben zu müssen ist das Schlimmste, was es geben kann. Wenn ein Mensch damit rechnen muss, dass Tod und Vernichtung das Endergebnis seines Lebens sind, ist er in einem erbärmlichen Zustand. Natürlich ist es schwierig, solche Menschen so anzusprechen, dass sie die christliche Verheißung annehmen. Alles, was man tut, um christliche Verheißung zu vermitteln, wird unweigerlich mangelhaft sein.

Es gab im 19. Jahrhundert in Chicago einen Laienprediger mit dem Namen Dwight Moody. Er organisierte Veranstaltungen, bei denen er versucht hatte, missionarisch zu wirken. Nach einer solchen Veranstaltung kam eine Frau auf ihn zu und sagte: „Mir gefällt nicht, wie Sie das machen!“ Er erwiderte: „Mir gefallen meine Methoden auch nicht. Wie versuchen Sie, Menschen für Christus zu gewinnen?“ Die Frau erwiderte: „Aber ich versuche gar nicht, Menschen für Christus zu gewinnen.“ Der Evangelist erwiderte: „Dann gefallen mir doch meine Methoden besser als ihre Methoden.“ Diese Auseinandersetzung deutet auf eine Herausforderung hin, die es von Anfang an in der Christenheit gab. Jeder Versuch, Menschen für die christliche Hoffnung zu gewinnen, wird mangelhaft und fehlerhaft sein. Aber die Alternative ist Nichts-Tun. Und Nichts-Tun bedeutet einen tödlichen Stillstand.

Wir haben keine Wahl. Wir sind durch die Taufe dazu beauftragt, als Zeugen Jesu Christi aufzutreten. Und der Ausgangspunkt für dieses Zeugnis wird in dem 1. Petrusbrief geschildert:

Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft Fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmut und Gottesfurcht.

Möge Gott uns helfen, diese Aufforderung zu verwirklichen.

Die Photographie 'Coca-Cola in a glass with ice', 2001 - Summi, wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht. Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren.
Die Photographie 'Diamonds', photographed by Mario Sarto, 2004, ist lizensiert unter GNU Free Documentation License.

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