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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: 1. Kor. 15, 50 – 58 Der Stachel des Todes

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Ostermontag

Der Stachel des Todes 1. Kor. 15, 50 – 58

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2006

Hummel auf einem Lavendelzweig

Das sage ich aber, liebe Brüder, daß Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit. Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dies Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit. Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25,8; Hosea 13,14): »Der Tod ist verschlungen vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus! Darum, meine lieben Brüder, seid fest, unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, weil ihr wisst, daß eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn. 1. Kor. 15, 50 – 58

Es gibt einen Jungen, 6 Jahre alt, der den Tod seines Großvaters schlecht verkraftet hatte. Und zwar hatte er Angst vor dem bösen Geist seines Großvaters. Der Junge sagte: „Mein Opa starb zu Hause, und er war fies. Sein Gespenst lauert hier in der Wohnung.“ Das Kind weigerte sich, irgendein Zimmer in der Wohnung allein aufzusuchen. Seine Mutter hat deshalb überlegt, wie sie ihm helfen könnte. In früheren Zeiten hätte die Mutter vielleicht einen Priester aufgesucht, der auf den Sohn einreden oder einen Exorzismus durchführen sollte. Aber die Mutter kam auf eine Lösungsmöglichkeit, die unserem Zeitgeist entspricht. Sie suchte das Internet auf und wandte sich an Ebay, eine Versteigerungseinrichtung. Und in Ebay bot sie das Gespenst des Großvaters an. Auf der Website erklärte sie, warum sie dieses ungewöhnliche Angebot machte: sie wollte ihren Sohn von einem vermeintlichen bösen Geist befreien. Und damit der Gewinner etwas Konkretes bekommen würde, hatte sie die Gehhilfe des Großvaters angeboten – als handfestes Zeichen, dass man den unholden Geist des Großvaters dem Haus abgenommen hat. Und damit niemand Angst bekäme, erklärte sie, dass der Verstorbene gutmütig und liebevoll war - nicht fies, wie der Sohn meinte.

Und was ist eingetreten? Hat irgendjemand ein Angebot gemacht? Die Antwort lautet: 34 Personen haben reagiert. Das Höchstangebot war zuletzt $78. Der Gewinner wurde gebeten, einen Brief an den Sohn zu schreiben, dass der Geist des Großvaters tatsächlich angekommen sei und dass er gut mit ihm auskomme. Auf diese Weise sollte der Sohn von seinen Ängsten befreit werden.

Die Angst des Sohnes, dass der böse Geist eines Verstorbenen in der Wohnung lauert, ist nicht etwas Neues und nicht etwas Einmaliges. Bei den Navajo-Indianern z. B. gibt es die Sitte, dass ein Haus, in dem eine Person gestorben ist, nicht mehr bewohnt wird. Denn dieser Stamm glaubt, dass die Bösartigkeit eines Menschen in dem Haus als Gespenst gefangen bleibt. Wenn ein Mensch in einem Haus stirbt, wird ein Loch in die Nordwand gebrochen, damit jeder weiß, dass dieses Haus für alle Zeiten unbewohnbar bleiben soll – denn nach dieser Vorstellung ist Bösartigkeit unvergänglich.

Es handelt sich hier um eine Angst, die weitverbreitet ist. In uns Menschen steckt die Befürchtung, dass Bösartigkeit unsterblich ist. Das biblische Wort „Teufel“ bringt diese Angst zum Ausdruck. Das Böse scheint teuflisch zu sein, d.h. übermächtig, unsterblich, unbezähmbar. Zum Beispiel: nach 1945 gab es Menschen, die nicht glauben konnten, dass Adolf Hitler wirklich tot war. Es gab Gerüchte und Phantasien, dass er noch irgendwo am Leben war. Deswegen war es notwendig, ihn im Jahre 1956 offiziell für tot zu erklären.

In der heutigen Zeit hören wir jeden Tag von Terrorismus, Fanatismus, maßloser Rachsucht, gigantischer Gewalttätigkeit. Solche Erscheinungen sind scheinbar unbesiegbar und unsterblich.

In diesem Zusammenhang hat der Korintherbrieftext, der für heute vorgesehen ist, etwas zu sagen. Dieser Text verkündet, dass wir Menschen für Verwandlung vorgesehen sind. Wie es heißt:

Wir werden alle verwandelt werden.... Denn dies Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit.

Das heißt: alle Bösartigkeit, die in uns Menschen vorkommt, ist begrenzt. Nichts, was in uns Menschen vorkommt, ist an sich ewig. Die Bibel betont, dass Gott allein unvergänglich ist. Alles, was nicht Gott ist, ist sterblich und verweslich – auch Dinge wie Hass, Gewalttätigkeit und Fanatismus sind sterblich und verweslich: denn Gott allein ist unsterblich und Gott ist mächtiger als alles andere, wie er in Jesus Christus an dem ersten Ostermorgen demonstrierte.

Der Korintherbrieftext verkündet: Der Tod – und alles, was mit dem Tod zusammenhängt – wird vom Leben verschlungen. Deswegen hat der Tod keinen Stachel mehr. Auch die Angst vor den bösen Geistern der Verstorbenen ist ein Stachel des Todes unter Menschen, die keinen Osterglauben kennen.

Es wird von einem Vater berichtet, der mit seinem Sohn auf einer Landstraße unterwegs war. Es war ein Frühlingsnachmittag und die Fenster des Autos waren weit auf. Plötzlich war eine Hummel im Auto. Der Junge bekam sofort eine panische Angst, denn ein Bienenstich würde eine heftige allergische Reaktion auslösen, die für ihn tödlich enden könnte. Der Vater reagierte geschickt und schnell. Er fasste die Hummel mit seiner Hand und drückte sie, damit die Biene ihn sticht, und dann ließ er die Hummel los. Als er die Biene losließ, bekam der Junge wieder eine panische Angst, aber der Vater zeigte ihm seine Hand; der Stachel der Hummel war in seiner Haut. Und er sagte: „Siehst du den Stachel. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Ich habe mich stechen lassen.“

Diese Begebenheit ist ein Gleichnis für das, was in Jesus vollzogen wurde. Jesus hat nicht nur den Tod erlitten, sondern hat auch den Stachel des Todes erlitten. Der Korintherbrieftext verkündet:

Hummel, Lynn.art

Der Stachel des Todes aber ist die Sünde.

Sünde ist die abgrundtiefe Entfremdung zwischen Gott und den Menschen. Jesus am Kreuz hat diese Entfremdung erlitten. Sein Gebet aus Psalm 22 bringt diese Entzweiung zum Ausdruck: „Mein Gott, mein Gott, wozu hast du mich verlassen?“ Diese Entfremdung wurde sichtbar und spürbar gemacht: Die Kreuzigung machte sichtbar wie pervers und lebensverachtend Menschen sein können. Sichtbar und hörbar wurden die Kaltblütigkeit und der Zynismus der Zuschauer. Sichtbar wurde der Fanatismus und die Rachsucht, die zu dieser Kreuzigung beigetragen hatten. Die Kreuzigung mit ihren Begleiterscheinungen stellt den Stachel des Todes dar. Aber indem Gott in Jesus diesen Stachel in sich aufgenommen hat und von den Toten auferstanden ist, wurde der Tod entmachtet. Wie es in dem Kolosserbrief (2, 15) heißt:

„Er (Gott) hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und hat einen Triumph aus ihnen gemacht in Christus."

Der Tod ist wie eine Hummel, die noch herumfliegt und bedrohlich wirkt, die aber seinen Stachel verloren hat.

Die Auferstehung war eine Demonstration, dass Tod und teuflische Gewalttätigkeit nicht allmächtig sind. Gott allein ist allmächtig. Deswegen wird der Tod zuletzt vom Leben Gottes verschlungen.

Der Theologe Jürgen Moltmann hat diesen Vorgang in der folgenden Aussage zusammengefasst: „Gott weint mit uns, damit wir eines Tages mit ihm lachen.“ Gemeint ist, dass Gott die Entfremdung zwischen ihm und uns überwindet, indem er unseren Schmerz mitleidet, damit eine unvergängliche Lebensgemeinschaft zwischen ihm und uns entstehen kann.

Das Kreuz und das leere Grab sind die sichtbaren Zeichen, wie sehr Gott mit uns weint, damit wir mit ihm lachen können.

Der Korintherbrieftext endet dementsprechend mit einem Dankgebet und einer Verheißung:

Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus! Darum, meine lieben Brüder, seid fest, unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, weil ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.

Das Photo 'Hummel auf einem Lavendelzweig', Mark Robinson, 2008, ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 2.0 Lizenz.
Das Photo einer Hummel auf einer Sonnenblume, Alina Zienowicz, 2008, wurde von seinem Urheber zur uneingeschränkten Nutzung freigegeben. Das Bild ist damit gemeinfrei („public domain“). Dies gilt weltweit.
Das Photo der Hummel auf der gelben Blume, Lynn.art, ist lizenziert unter der Creative Commons–Lizenz „Attribution 3.0 Unported“.

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