Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten im Jugendgottesdienst: „Die Heiligen Drei Könige“

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„Die Heiligen Drei Könige“

Predigt gehalten von Katharina Hellwig im Kirchsaal Süd am 20. Januar 2011:

'A priest of Ethiopian Orthodox Church is holding a Tabot in a Timket (Epiphany) ceremony at Gondar, Ethiopia', 2002, Jialiang Gao

Die Weihnachtszeit ist vorbei. Die letzten Plätzchen sind gegessen oder zu trocken, um sie noch zu genießen. Porzellan-Engel, Plüschelche, Holzkrippen und andere Dekorationen verschwinden Schritt für Schritt wieder auf dem Dachboden oder im Keller und die meisten Menschen haben ihren Weihnachtsbaum bereits aus dem Fenster geworfen. Ob man den freigewordenen Platz für neue Möbel von Ikea nutzt, bleibt jedem selbst überlassen. Für die meisten war es sicherlich wieder einmal eine schöne Zeit, nicht zuletzt wegen der Familie, den Geschenken oder den Ferien.

All diese kleinen Dingen, an denen man sich jedes Jahr auf´s Neue erfreuen kann, verkörpern für uns weihnachtliche Symbole: Stehen irgendwann Mitte Oktober bereits Tannen, Rentiere, Sterne oder rote Kerzen in Schaufenstern, denken wir sofort an Weihnachten und fragen uns jedes Jahr, wie wir denn jetzt schon in Stimmung kommen sollen, wo man doch eigentlich gerade erst aus dem Sommerurlaub wiedergekommen ist. Aber unser Gehirn verbindet mit ihnen sofort einen ganz bestimmten Feiertag, so wie es Hasen, Lämmer und Eier an Ostern tun. Ein besonders beliebtes Symbol ist der Weihnachtsstern. Oftmals eher als Sternschnuppe dargestellt, ist er jedem ein Begriff und thront meist am Giebel einer Krippe. Er gehört zur Weihnachtsgeschichte wie eine Geburtstagstorte zu einem Geburtstag. Wäre er nicht da, würde etwas fehlen.

Wer allerdings oftmals in Vergessenheit gerät, sind die heiligen drei Könige. Auch bekannt als die Weisen aus dem Morgenland. Als Kind dachte ich immer die Beschreibung beziehe sich auf deren Hautfarbe, aber das ist natürlich nicht der Fall. Weise ist hier im Sinne von reich an Erfahrung gemeint. Jeder hat ein Bild von ihnen vor Augen: Prachtvoll angezogen und meist in der Kolonne laufend, sind sie auf dem Weg nach Bethlehem, denn dort wurde Jesus Christus geboren. Auch ein Kinderlied über sie wird den meisten bekannt sein: „Melchior und Balthasar sind aus Afrika, aus Afrika gekommen. Melchior und Balthasar sind aus Afrika gekommen samt Kaspar.“

Aber warum erzähle ich das alles? –Schließlich haben wir heute den 20. Januar, Weihnachten ist vorbei und wir blicken in den Frühling!

'Plaza de Cairasco en navidad', 2008, Odynny

Vor einigen Jahren bin ich in den Winterferien über Silvester nach Gran Canaria geflogen. Schon auf dem Hinflug am 28.12. war ich leicht genervt von der musikalischen Untermalung im Flugzeug. „Last Christmas, I gave you my heart“, „Jingle bells“ und „We wish you a merry Christmas!“ begleiteten meine vierstündige Flugzeit und auch nach Ankunft war keine Änderung in Sicht: Lichterketten an Palmen, Kunstschnee in Schaufenstern, alles glitzerte Gold, das volle Programm. Die Canarier waren in absoluter Weihnachtsstimmung und der Advents- und Weihnachtszeit so gar nicht müde. Während ich also am Strand lag und die ersten sommerlichen Gefühle entwickelte, rannten die Insulaner durch die Geschäfte und kauften Spielsachen, Parfum und Schmuck.

Es dauerte nicht lange, bis ich verstanden hatte: Mit Heilig Abend und Weihnachtsfeiertagen hat man hier nicht viel am Hut. „Am 24.12. treffen wir uns mit der ganzen Familie und essen miteinander.“, erklärten sie mir, „Aber richtig gefeiert wird ja erst nächste Woche!“ Damit meinten sie jedoch nicht den Jahreswechsel, sondern einen Feiertag, den ich so gar nicht verinnerlicht hatte:
Die Heiligen Drei Könige, am 6. Januar. An diesem Tag gab es dann auch für die Spanier ein großes Familienfest mit Messe und allem drum und dran und natürlich auch mit Geschenken. Das ist eine katholische Tradition, aber auch bei uns gibt es ihn, diesen Feiertag am 6.1. Epiphanias heißt dieser Tag im Kirchenjahr, was so viel heißt wie „Erscheinung des Herrn“. Mit Erscheinung ist die menschliche Gegenwart Gottes in der Person Jesu Christi gemeint. Gott zeigt sich uns, in dem Jesus geboren wird. Das Epiphaniefest steht bei uns für drei Wunder: Die Anbetung der Weisen, die Taufe Jesu im Jordan und die „Wasser-wird-zu-Wein-Geschichte“ aus Kanaan.

Warum aber ist die Anbetung Jesu Christi durch die Weisen so etwas Besonderes? Wenn man Informationen über die Heiligen drei Könige sammeln möchte und das Nahestehendste tut, nämlich die Bibel aufschlägt, wird man schnell ernüchtert. Dort steht nämlich im Matthäusevangelium im zweiten Kapitel Folgendes:

„Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.“

Das war´s. Viel mehr erfährt man nicht. Daran lässt sich schon erkennen, dass die drei Könige, so wie wir sie vor Augen haben, ausgeschmückt wurden, durch viele Legenden. Und doch kann man staunen über das, was diese wenigen Sätze alles hergeben:

Sie kommen aus dem Morgenland. Das Morgenland ist jedoch nicht einfach ein kleines selbstständiges Land, das sich so ohne Weiteres auf einem Globus finden lässt. Mit Morgenland werden nämlich jene Erdteile bezeichnet, welche von Europa betrachtet im (Süd-)Osten und damit in Richtung der aufgehenden Sonne liegen. Gemeint ist speziell der Nahe Osten, obwohl ältere Definitionen auch den Fernen Osten einschließen. Das kann also Vieles sein. Wichtig ist aber für Matthäus nicht ihre genaue Herkunft, sondern dass sie die Welt der Heiden, der Ungläubigen, repräsentieren. Das ist auch daran erkennbar, dass sie nach dem neugeborenen König der Juden suchen, ein Begriff, der bei Matthäus nur von Heiden verwendet wird. Es kommen also Männer aus einem fernen Land und suchen ein Baby, das der König der Juden sein soll. Warum aus dem Begriff Weise dann Könige geworden ist, versteht man nur, wenn man in der Bibel weit zurückblättert und in den Psalmen findet: „(...) Könige bringen Geschenke!“

Das Einzige, das wir im Anschluss noch über die drei erfahren, ist, dass sie Zivilcourage hatten. König Herodes ist nämlich wenig begeistert vom Aufmarsch der drei Könige. Sie tauchen plötzlich auf und hören sich nach einem neuen König um. Da sah der Gute seinen Thron doch sehr gefährdet und gab ihnen den Auftrag, den Aufenthalt Jesu zu verraten, sobald sie ihn gefunden hätten. Das taten sie nicht. So wurden viele Jungen von Herodes hingerichtet. Jesus jedoch nicht. Dann verschwinden die drei Weisen aus der Bibel genauso schnell, wie sie gekommen sind. Viel wissen wir von ihnen nicht. Trotzdem ist es beeindruckend, was man aus drei Sätzen alles herausziehen kann.

Wie sie aussehen, wie sie heißen und alle anderen Details, die wir aus Kinderbüchern, Filmen oder Bildern kennen, sind im Nachhinein entstanden Legenden und Interpretationen. Dass die drei Melchior, Balthasar und Caspar hießen, behaupteten alle, die der lateinischen Sprache mächtig waren. Syrische oder armenische Christen, beispielsweise, haben ganz andere Namen für sie. Und so steht es auch mit allen anderen Informationen um die Drei Könige. Ja, das ist ja alles schön du gut, denkt Ihr jetzt, aber was hat das mit mir zu tun? –Dazu komme ich jetzt.

'Frankfurter Weihnachtsmarkt', 2010, PSch

Ihr und die Heiligen Drei Könige, Ihr habt etwas ganz Entscheidendes gemeinsam: Ihr seid alle auf der Suche. Auf der Suche nach ganz Unterschiedlichem. In Eurem Alter spielt vor allen Dingen die Suche nach Euch selbst und nach Eurer eigenen Identität eine Rolle. Das ist auch der Grund dafür, warum gerade dieses Thema, „Ihr selbst“, der Inhalt unseres zweiten Konfirmandenseminars ist. Wenn man auf der Suche nach sich selbst ist, dann stellt man sich Lebensfragen. Wer bin ich? Warum bin ich so wie ich bin? Was hat dazu beigetragen? Aber auch: Wo will ich hin im Leben? Was will ich erreichen? Wer will ich sein? Dazu gehört auch, dass man sich Gedanken über seinen Glauben macht. Über den Weg, den man mit Gott gehen will oder nicht. Wollt Ihr Christen sein und was gehört überhaupt zum Christsein dazu?

Die drei Könige sind auch auf der Suche. Heiden sind sie, Ungläubige, auf dem Weg zum Sohn Gottes. Auch sie gehören noch nicht in eine Glaubensgemeinschaft oder haben wie Ihr zumindest ihren Platz darin noch nicht gefunden. Sie gehören nicht zum Volk Gottes, aber sie machen sich auch auf den Weg. Dabei folgen sie einem Stern, der ihnen den Weg weist. Diesen Stern habt Ihr leider nicht, aber irgendwie auch schon. Ihr habt Pfarrer und Teamer, die Euch helfen, den Weg zu finden. Wir sind ihn schon gegangen und können in gewisser Weise nun Euer Weihnachtsstern sein, der Euch leitet. Leitet, durch ein Konfirmandenjahr und vielleicht sogar darüber hinaus. Wenn ich mir die Größe unserer Gruppe ehrenamtlicher Mitarbeiter anschaue, die den Weg in Richtung unserer Gemeinde gefunden haben, dann spricht das nur für unsere Gabe, zu leiten. 22 vierzehn-, fünfzehn- und sechszehnjährige Ex-Konfirmanden stehen momentan auf meiner Liste der ehrenamtlichen Mitarbeiter. Sie haben ihren Weg bereits gefunden.

Was er alles mit sich bringt und wie oft es links, rechts, bergauf oder bergab auf ihrem Glaubensweg geht, das wissen sie noch nicht. Das weiß man nie so genau, was auf einem zukommt, wenn man glaubt und das erfährt man auch erst im Laufe eines Lebens. Ihr seid jedoch jetzt an dem Punkt angekommen, an dem Ihr eine Reise angetreten habt. Genau wie die Drei Könige. Eine Reise auf dem Weg zu Jesus Christus. Es ist nicht immer einfach, ihn zu finden, das sage ich Euch gleich, aber es ist einfacher, wenn man jemandem hat, dem man folgen kann. Ob das jetzt ein Stern ist oder wir, die immer für Euch da sind, wenn Ihr nach dem Weg fragen wollt, das müsst Ihr selbst herausfinden.

Amen.

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