Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten im Jugendgottesdienst: Sex, Drugs and Rock´n Roll

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Predigt „Sex, Drugs and Rock´n Roll“ - Teil 2: „Drugs"

Gehalten von Katharina Hellwig im Kirchsaal Süd:

Marihuana

Googled man das Wort „Drogen“, erscheint unter dem Link von Wikipedia folgende Information: „Unter Drogen, Rauschmittel genannt, versteht man all jene Stoffe, die Menschen zu sich nehmen, um einen veränderten Bewusstseinszustand hervorzurufen, welche geeignet sind, sie in einen Rausch zu versetzen. Eine Veränderung der Wahrnehmung kann das Ziel der Einnahme oder eine unerwünschte Nebenwirkung sein. (...) Rauschdrogen bewirken eine Änderung der Aktivität der Nervenzellen in bestimmten Hirnregionen. Dadurch kommt es zu veränderter Wahrnehmung des eigenen Selbst und der Umwelt, die als angenehm empfunden werden kann.“ Hier ist von Wirkstoffen die Rede, die uns in unserem Alltag hauptsächlich in Form von Alkohol und Nikotin begegnen.

Die meisten, wenn nicht fast alle von uns, sind mit mindestens einem der beiden Stoffen bereits in Berührung gekommen. Sie gehören zu den Drogen, die uns täglich begegnen und deren Konsum in keinster Weise befremdlich auf uns wirkt. Niemand käme auf die Idee zu sagen: „Schau mal, da hinten kommt ein Drogenabhängiger!“ wenn uns jemand mit einer Zigarette entgegenkommt. Und jeder, der nach 22:00 Uhr schon einmal in Sachsenhausen unterwegs war, wird bestätigen können, dass der Genuss aber auch der übermäßige Konsum von Alkohol für viele Menschen ein fester Bestandteil ihres wochenendlichen Abendprogramms geworden ist. Selbst der unverkennbare Geruch von Gras, der uns durch die Nase geht, wenn wir an einem lauen Sommerabend am Mainufer entlangspazieren, entlockt uns im Zweifelsfall vielleicht gerade mal ein Lächeln. Rauchen und Saufen sind also nicht die Angewohnheiten, die wir als Drogenkonsum bezeichnen würden. Sie gehören für uns zum Leben dazu, wir genießen sie.

Das Wort Drogen scheint so völlig vermessen, wenn man es im Zusammenhang mit unseren alltäglichen Genussmitteln sagt, denn es hat etwas Erschreckendes, etwas Negatives an sich. Von Anfang an wird uns beigebracht, dass Drogen etwas schlechtes sind.

Wenn man Eltern fragt, vor was sie am meisten Angst haben, dann wird Drogenkonsum immer als eines der größten Ängste benannt. Und trotzdem macht jeder seine Erfahrungen: Die erste Zigarette im Park. Unter lautem Husten und krampfartigen Gefühlen im Hals versucht man herauszufinden, ob es tatsächlich schmeckt oder ob man wenigstens cool damit aussieht. Der großen Schwester nimmt man das Ausräumen der Geschirrspülmaschiene ab, damit sie im Gegenzug Getränke im Supermarkt kauft, die man selbst nicht kaufen dürfte. Es ist von Anfang an hauptsächlich das Spiel mit dem Verbotenen, dem Bösen, was uns reizt und was es gilt auszuprobieren. Mit zwölf, dreizehn Jahren denkt man nicht an Nebenwirkungen. Die körperliche und psychische Abhängigkeit von Nikotin und Alkohol scheint meilenweit entfernt und bei den meisten bleibt es ja auch dieses Spiel, mit dem was man darf und dem, was man nicht darf.

Wenn man Glück hat, bekommt man ihn anerzogen, den „gesunden“ oder verantwortungsbewussten Umgang mit den ach so harmlosen Drogen. Wenn man Glück hat...

Wenn man nämlich Pech hat, dann bleibt es nicht beim Ausprobieren. Dann geht es nicht mehr darum, dass ich einmal schmecke, wie Bier schmeckt oder einmal fühle, was der Rauch einer Zigarette mit meinem Kopf macht. Dann geht es darum, dass ich eine Möglichkeit gefunden habe, das, was mir in meinem Alltag fehlt, durch andere Mittel zu ersetzen. Wenn ich anfange, Alkohol in größeren Mengen zu mir zu nehmen, weil ich merke, mein Körper wird dadurch leichter. Meine Gedanken werden freier, meine Sorgen werden weniger, mein Herz tut weniger weh. Meine Einsamkeit verschwindet wenigstens mal für zwei Stunden und ich kann mal wieder durchatmen. Ich schwänze das Leben, weil ich es leid bin.

So ging es einem Schüler von mir, der mit 16 Jahren in eine Entzugsklinik ging, weil er inzwischen so stark alkoholabhängig war, dass er im Unterricht hätte trinken müssen, um nicht anzufangen zu zittern. Wenn man ihn fragte, wieso er so viel trinke, dann antwortete er, er habe nur dann das Gefühl, er würde keine Fehler machen. Er könne sich selbst in seinem Körper nur noch ertragen, wenn er etwas getrunken hatte. Wenn man solche Lebensgeschichten hört, dann kann man erkennen, dass auch unsere „Gesellschaftsdrogen“ Alkohol und Nikotin sehr wohl (im wahrsten Sinne des Wortes) mit Vorsicht zu genießen sind. Denn sie sind es auch, die nach wie vor die meisten Todesopfer zu verantworten haben.

Wir merken also, es kommt ganz darauf an, wie wir etwas zu uns nehmen und natürlich auch was. Trinken wir, weil wir mir Freunden zusammensitzen und wir uns viel zu erzählen haben oder trinken wir, weil uns langweilig ist oder weil wir Angst vorm Leben haben? An Schweizer Autobahnen hängen Plakate, auf denen steht: „No drinks, - no problems!“. Aber ist es nicht eher andersrum: „No problems, -no drinks!“?

Wo liegt die Grenze, bei deren Übertretung es gefährlich wird? – Dann, wenn es nicht mehr ohne geht und wenn der Verzicht wehtut. Dann ist es Sucht. Und Süchtigsein bedeutet eine Machtlosigkeit gegenüber einem Stoff oder einer Person oder einem Gedanken, der uns klein macht und fremdbestimmt. Der uns das Selbstbewusstsein raubt, etwas alleine schaffen und erreichen zu können. Eine Sucht muss also nicht zwangsläufig nach Rauschmitteln bestehen, sondern kann auch durch andere Umstände hervorgerufen werden: Herrschsucht, z.B., ist ein hervorragendes Beispiel.

  • Unsere Geschichte zeigt das Paradebeispiel. Adolf Hitler. Das Streben nach immer größeren und perverseren Zielen, die die eigene Person bis ins Unermessliche hervorheben und eine unanfechtbare Machtposition herstellen soll.
  • Leidenschaft. Auch sie kann gefährlich werden. Wenn die Besitzansprüche auf die geliebte Person enttäuscht oder abgewiesen werden und sich ein krankhaftes Verlangen entwickelt, alte Umstände wiederherzustellen oder verzweifelt um eine nicht erwiderte Liebe gekämpft wird. Hier geht es dann nicht mehr um das angenehme Gefühl des Rauschs der Liebe, hier geht es um den Kater danach, der Angst macht, der bedrohlich wird.
  • Fußball. Eigentlich nur ein Spiel. In Verbindung mit einem übertriebenen Fanatismus, Schauplatz unübertreffbarer Aggressionen.
  • Religion. Die Sucht nach Geltungsbedürfnis des kleinen Mannes vor dem großen Gott. Das befriedigt werden soll, indem man sich anmaßt darüber entscheiden zu dürfen, welche Menschen man opfert und hunderte von Leben zerstört, weil man sich einbildet, man hätte verstanden, was es bedeutet, aus vollem Herzen zu glauben...

Was zeigen uns diese Beispiele? Sie zeigen, dass Sucht einen Umstand beschreibt, in dem wir bereits das gesunde Maß überschritten haben und unsere Selbstbestimmung den Bach runter geht. Wir sind dann fremdgesteuert und unser Körper und Geist hat sich daran gewöhnt. Jede Faszination, jeder Fanatismus wird dann zerstörerisch.

Und zertörerisch darf es nicht werden. Es darf nicht den Punkt erreichen, an dem wir anderen und vor allem uns selbst langfristig schaden. Wir haben ein Leben geschenkt bekommen und den Auftrag, weiterhin Leben zu schenken. Wir können unseren Auftrag nicht erfüllen, wenn wir uns, unseren Körper und unsere Seele verletzen und zerstören. Gott hat uns einen Körper geschenkt und es hat etwas mit Erfurcht und Respekt zu tun, diesen Körper auch so zu schätzen und zu pflegen, dass er heil bleibt.

Der Herr hat uns Verantwortung über unseren Körper entgegengebracht. Das ist ein Vertrauen, dass wir schätzen sollten und über das auch ich nachdenke, wenn ich abends die letzte Zigarette aus der Packung nehme, die ich mir morgens gekauft habe. Hier ist von Respekt vor dem Leben die Rede und was ich als einzelne Person wert bin. Wer den Film „Saw“ gesehen hat, weiß, was ich meine. Ein krebskranker Mann bringt Menschen, die ihr Leben als wertlos betrachten und sich und ihren Körper vernichten, in unmenschliche Situationen, die ihnen lehren sollen, das Leben wieder zu schätzen. Das Motiv ist dabei stets, den Opfern die Verfehlungen vorzuführen, die sie in den Augen des Psychopathen begangen haben; durch die Qualen die sie sich selbst zufügen müssen, um ihr Leben zu retten, sollen sie in der Vorstellung des Täters ihr Leben wieder schätzen lernen. Ein abschreckendes aber passendes Beispiel ist die heroinsüchtige Amanda. Sie findet sich gefesselt mit einer Apparatur wieder, die bei Ablauf einer Frist ihren Kopf zerreißen wird; um an den Schlüssel zu gelangen, muss sie den Magen eines weiteren Opfers aufschneiden, das zwar unter Drogen steht, aber noch am Leben ist.

Der Film beschreibt kein erstrebenswertes Ziel, wie man Menschen den Umgang mit sich, ihrem Leben und ihrem Körper beibringt, aber er zentriert den Gedanken der Dankbarkeit, den wir so oft vergessen.

Alles im richtigen Maß scheint also in Ordnung. Das trifft auch auf unseren Glauben zu. Auch er soll uns guttun und nicht zerstören. Soll uns fördern und nicht krankmachen. Wir sollen ihn mit ganzem Herzen leben, aber gedeihlich und nicht destruktiv. Unser Glaube ist vergleichbar mit einer guten Flasche Wein: Wir genießen sie, am besten gemeinsam. Uns wird warm ums Herz, wir können ruhen und in einer angenehmen Lage auf gute Gedanken kommen. Und ganz wie bei der Flasche Wein können wir danach ins Bett gehen und sicher sein, dass ein bißchen „Süchtigsein“ nach Gott bedeutet, mit guten Gefühlen zu erwachen und mit einem „Schön, dass ich da bin!“ den Tag beginnen dürfen. Ganz ohne Kater.

Amen.

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