Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Predigten im Jugendgottesdienst: Kein Anschluss unter dieser Nummer – Beten

« Predigten Home

Predigt „Kein Anschluss unter dieser Nummer“ – Beten

Gehalten von Jakob Hellwig:

'Betende Hände', Albrecht Dürer

J: Herzlichen Glückwunsch zum Abi, Addi!!!

A: Danke, lief auch ganz gut.

J: Ach ja, erzähl mal...

A: Schriftlich hab ich 1x 7 und 2x 12 gemacht. Das war ganz locker. Abi wird vollkommen überbewertet.

J: Naja, ich habs' damals gerade mal auf 2, 7 und 9 gebracht. Der Deutschlehrer war halt zu doof, um meine Gedankengänge nachzuvollziehen!

A: Jaja, das sagen sie alle. Aber wie gesagt, bei mir war's easy. Mündlich hab ich dann spontan noch 13 und 15 Punkte drangehängt. Aber dafür musste ich mich auch etwas mehr anstrengen.

J: Das klingt aber, als wärst du überhaupt nicht nervös gewesen, oder so.

A: Naja doch, beim Mündlichen war ich ganz schön aufgeregt. Aber während der Prüfung legt sich das ganz schnell.

J: Bist du auch einer von denen die noch schnell ein Stoßgebet Richtung Himmel schicken??

A: Eher nicht. Also beim Abi hab ich's nicht gemacht.

J: Ja, ich finde es auch immer sehr seltsam, wenn in solchen Situationen Leute anfangen zu beten, die sonst mit Glauben nichts zu tun haben.

A: Ja, sowas bringt meiner Meinung nach auch nichts. Ich weiß nicht, ob Gott etwas von Differentialgleichungen versteht, aber ich glaube nicht daran, dass er sein Wissen kurzfristig mit mir teilt, nur weil ich ein paar hastige Worte spreche. Was ich vorher nicht wusste, fällt mir dann auch nicht ein.

J: Aber kennst du es nicht, dass dir während einer Prüfung ein Licht aufgeht?

A: Schon. Aber dann muss ich mich vorher soweit mit der Materie beschäftigt haben, dass eine Basis da ist. Da kann mann nicht allein auf Gott vertrauen, auch wenn man an ihn glaubt. Ich glaube zwar an Gott, aber zum Glück ist uns genug Freiheit gegeben, solche Situtionen selbst zu meistern. Auch wenn's in dem Zusammenhang fast schade ist.

J: Wie weit meinst du denn, dass wir frei sind?? Glaubst du nicht an so etwas wie Vorbestimmung?

A: Also ich denke, dass man sich zum Beispiel nicht aussuchen kann, ob man glaubt oder nicht. Das ist ja keine bewusste Entscheidung, so wie welchen Pullover ich heute anziehe. Das ist wie von außen gegeben. Aber, wie ich mit dem Glauben an Gott umgehe, liegt doch bei mir. Genau: Ob ich vor meiner Prüfung bete oder nicht, habe ich selbst entschieden.

J: Es gibt ja immerhin einige Leute, die sich dafür entschieden haben. Manche davon würden wohl nicht so überzeugt wie du von sich behaupten, dass sie an Gott glauben. Trotzdem beten sie... Hmm... Ich denke gar nicht mal, dass sie wirklich erwarten, dass sie durch das Gebet schlauer werden. Es unterstützt eher ihr Gewissen in der Annahme, alles versucht zu haben. Es ist quasi ein „Alibi-Gebet“. Mich wundert's, dass du kein Gebet, zumindest zur Beruhigung, gesprochen hast. Auf mich wirkst du nämlich recht gläubig.

A: Halt... Nur weil ich kein Stoßgebet unmittelbar vor der Klausur gesprochen habe, heißt das nicht, dass ich nicht gebetet habe.

J: Hab ichs mir doch gedacht.

A: Jaaa... Ich habe das schon am Abend vorher „erledigt“.

J: Das klingt auch irgendwie gemütlicher und glaubwürdiger als das schnelle Stoßgebet.

A: Ja, vor allem denke ich, dass man sich vor dem Beten überlegen sollte, für was man Gottes Hilfe braucht und für was man selbst verantwortlich ist. Mit einem „Lass mich 15 Punkte schreiben“ ist das nicht getan.

J: Was hast du da z.B. gesagt, oder gebetet??

A: Ich habe Gott gebeten, mir innere Ruhe zu geben, dass ich erst gar nicht in diese Panik verfalle, in der die anderen ihre Stoßgebete sprechen. So zu beten, finde ich authentischer, auch wenn's ja nicht ganz korrekt ist, wie wir gerad in der Lesung gehört haben. Soweit ich das verstanden hab', sollten wir ja ausschließlich das Vater Unser beten, oder? Außerdem hieß es ja, dass Gott eh schon weiß was wir brauchen, bevor wir ihn darum bitten.

J: Ich meine, dass das Vater Unser eine perfekte Grundlage für ein Gebet ist. Es umfasst alle wirklich wichtigen Bereiche, um die man bitten kann. Es bleibt dabei aber sehr abstrakt. Für manche Menschen ist es nun mal wichtig, ihren speziellen Wunsch auszusprechen. Für dich ja anscheinend auch...

A: Ja, mir scheint, als ob das bloße Aussprechen des Wunsches schon den ersten Schritt zur Erfüllung darstellt. So, jetzt haben wir mein Betverhalten genug analysiert. Wie sieht das denn mit dir und Beten aus.

J: Oha... Ich bin kein klassischer „Zu-Bett-geh-Beter“. Mich überkommt einfach hin und wieder das Bedürfnis danach. Natürlich auch in solchen Situationen, in denen man sich Unterstützung erhofft. Aber manchmal auch einfach, um einmal dafür zu danken, was man hat.

A: Hmmm....

J: Ja, ich finde wenn man bittet, hat man danach auch zu danken. Man kann ja nicht alles als selbstverständlich hinnehmen. Also, ich bedanke mich auch für Dinge die ich vorher nicht erbeten habe. Und vor allem ist das etwas, was mir im Vater Unser etwas zu kurz kommt, das Danken.

A: Für was bedankst du dich denn so??

J: Also das letzte Mal habe ich mich dafür bedankt, dass der Streit mit meiner Freundin endlich vorbei ist. Aber frag' jetzt nicht worum der ging!

A: Schade, das hätte mich jetzt mal interessiert.

J: Naja, jedenfalls war ich sehr froh, dass es vorbei war. Und dafür hab' ich mich einfach mal bedankt. Ich finde, das gehört genauso zum Beten wie das Bitten.

A: Stimmt, in Fürbittgebeten versucht man ja auch häufig, die Waage zwischen Bitten und Danken zu halten.

J: Gott hat es ja auch verdient, dass man ihm dankt. Immerhin ist er immer da wenn man jemanden braucht zum Reden.

A: Inwiefern??

J: Nunja, Gott hat ja immer ein offenes Ohr für Probleme jeglicher Art. Man weiß ja nicht immer, an wen man sich wenden soll mit seinen Problemchen. Und umso größer es ist, desto schwieriger ist es, einen geeigneten Gesprächspartner zu finden.

A: Aber ist mit Gott sprechen nicht eher wie auf einen Anrufbeantworter sprechen??

J: Also für mich gibt es schon einen großen Unterschied, ob ich mit einem Elektrogerät spreche oder mit Gott, auch wenn man keine direkte Antwort bekommt. Das ist so ähnlich wie Weinen, es befreit, man ist es los… Kannst ja mal den Michael fragen, der kennt sich damit aus! Ich bin der festen Überzeugung, dass meine Probleme bei Gott in guten Händen sind.

A: Erwartest du dann eine Lösung von ihm??

J: Naja, in solchen Fällen bete ich nicht, um eine Lösung vorgesetzt zu bekommen. Da wären wir wieder beim Thema individuelle Freiheit. Hierbei geht es nur darum, sich jemandem mitzuteilen um auch das Gefühl los zu werden, alleine mit seinen Sorgen da zu stehen. Dadurch ist mir Gott schon Hilfe genug.

A: Also betet man eigentlich zu verschiedenen Anlässen aus unterschiedlichen Gründen.

Das Bild 'Betende Hände', Albrecht Dürer, ist im public domain, weil sein copyright abgelaufen ist.

^ Zum Seitenanfang