Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Jürgen Seidl: Lk 17,5.6

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Konfirmationspredigt 2008 - Lk 17,5.6

Gehalten von Pfarrer Jürgen Seidl bei der Konfirmation am Sonntag Exaudi, dem 4. Mai 2008 in der Dreikönigskirche in Frankfurt am Main.

Collage von sechs Bildern zum Thema Senf, Rainer Zenz

Liebe Konfirmanden!

Die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben habt so groß wie ein Senfkorn, dann könnt ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Stärke uns den Glauben - darum ging es in Eurem Konfirmandenjahr, das heute zu Ende geht. Konfirmation heißt ja Befestigung, Bestärkung. Ihr habt erfahren, was andere Menschen in unserer Gemeinde glauben. Und Ihr konntet herausfinden, was Ihr selbst glaubt - und was nicht. Ihr seid dadurch zu mündigen Mitgliedern unserer Gemeinde geworden. Ihr könnt nun sagen, wovon Ihr selbst überzeugt seid. Ihr bestätigt und bekräftigt heute öffentlich in dieser Kirche das Bekenntnis Eures Glaubens. Und Ihr könnt nun Verantwortung übernehmen - etwa indem Ihr Taufpate werdet, beim Jugendgottesdienst mitmacht oder im nächsten Jahr den neuen Kirchenvorstand wählt. Ihr könnt das, weil Ihr glaubt.

Was kann der Glaube? Jesus sagt: Mit dem Glauben könnt Ihr Bäume ausreißen und Berge versetzen. Das ist bildlich gemeint. Vieles im Leben ist eingefahren und wirkt unveränderlich. Eine festzementierte Feindschaft zwischen zwei Familien. Oder ein Beharren auf alten Strukturen und überkommenen Traditionen in einer Kirchengemeinde.

Unverrückbar wie ein festverwurzelter Baum scheint vieles im Leben. Aber Jesus sagt: Wer glaubt, sieht nicht nur den Baum. Wer glaubt, sieht die Möglichkeit: Alles kann sich ändern! Nichts muss so bleiben wie es ist oder wie es scheinbar immer schon war. Für Gott ist nichts unmöglich.

Diesen Glauben hätte ich gern, denkt mancher von Euch jetzt vielleicht. Aber von diesem Glauben bin ich auch nach meiner Konfirmandenzeit weit entfernt. Mein Glaube ist verschwindend klein.

Jesus vergleicht den Glauben mit einem Senfkorn. Ihr Konfirmanden habt vorhin ein Senfkorn von mir bekommen. Ein Senfkorn ist ziemlich klein. Doch es hat eine spürbare Wirkung. Senf schmeckt würzig und kräftig und ist mitunter recht scharf. So ist es auch mit dem Glauben. Glaube ist die Würze des Lebens. Welchen Geschmack bringt Dein Glaube in dein Leben? Nun, das hängt davon ab, woran Du glaubst und was Du erfährst: Es kann bitter schmecken, an das Gute im Menschen zu glauben, wenn man enttäuscht worden ist. Und es kann süß schmecken, wenn man Zuwendung und Liebe erfährt. Auch bei Gott kann man im Leben auf den Geschmack kommen. Der Glaube, zu dem Jesus uns einlädt, schmeckt nach mehr.

Vielleicht habt Ihr das Gefühl: Das, was Ihr in Eurem Konfirmandenjahr an Glauben mitbekommen habt, das sieht klein und unscheinbar aus - wie ein Senfkorn. Aber ich bin sicher: Ihr habt etwas mitbekommen, das Euch zum Leben hilft.

Der Glaube, von dem Jesus spricht, entwickelt sein Aroma erst im Laufe der Zeit. So wie ein Senfkorn. Es schmeckt zunächst mild und nussig, wenn man einfach mal drauf beißt. Seine würzige Schärfe entfaltet es erst mit der Zeit.

Auch der Geschmack des Lebens verändert sich. Ähnlich wie sich geschmackliche Vorlieben verändern: Als Baby haben meine Eltern mir Spinat in den Mund gestopft. Sie haben es gut gemeint, aber ich habe ihn in die Gegend gespuckt. Heute esse ich ganz gern mal frischen Spinat, zusammen mit Champignons im Backofen mit Parmesankäse und Sahne gratiniert und einem Hauch Zitrone; doch das nur nebenbei.

So ist es auch mit dem Glauben. Er verändert sich wie der Geschmack. Euer Kinderglaube hat vielleicht wie Schokolade geschmeckt. Einfach nur süß. So schmeckt Euer Glaube heute nicht mehr. Und ihr glaubt auch nicht mehr an den Osterhasen und den Weihnachtsmann.

'Mustard Plant', mustard, 2008

Der Glaube ist etwas Lebendiges. Er verändert und entwickelt sich, wenn Ihr ihn mitnehmt in die Geschichten des täglichen Lebens. Dann entwickelt der Glaube seinen Geschmack. Weg vom nur Süßen. Hin zu einem kräftigen und würzigen Geschmack. Wenn Ihr diesen Geschmack des Glaubens auf Eurer Zunge spürt, bekommt Ihr eine Ahnung davon, was bei Gott alles möglich ist.

Gott traut Euch einen ganz eigenen Weg zu. Nicht einfach den Weg, den Eure Eltern auch schon gegangen sind. Nicht den Weg, den sowieso alle gehen. Und auch nicht einfach nur den Weg, den der Gruppendruck Euch vorgibt. In jedem von Euch steckt etwas einmaliges und einzigartiges. Etwas ganz persönliches. Das soll wachsen und zur Entfaltung kommen. Und dabei kann Euch der Glaube helfen.

Auch der Glaube wächst. Aus einem kleinen Senfkorn wird eine große Staude, wenn man es einpflanzt und wachsen lässt. So kann der Glaube auch im Leben eines Menschen Wurzeln schlagen und wachsen. Ein wachsendes Vertrauen ist der Glaube. Ein Vertrauen zu Gott und zum Leben überhaupt.

Zum Glauben wie zum Leben gehören allerdings auch Zweifel. Manchmal fragen auch wir Pfarrer uns: Hat das alles einen Sinn? Gott, wo bist du denn eigentlich gerade? Glaube ist kein Besitz. Es ist nichts, was wir uns in die Tasche stecken können und dann für alle Zeit sicher haben. Glaube ist ein immer neues Hoffen, Fragen und Suchen nach Gott. Gerade das macht den Glauben lebendig.

Damit der Glaube seine Kraft behält, brauchen wir die biblische Botschaft. Ein kleines Stück davon, werdet ihr heute als Ration mit auf Euren Lebensweg bekommen: Euren Konfirmationsspruch. Lasst ihn euch auf der Zunge zergehen. Nehmt ihn mit in Eure Lebensgeschichte als Würze des Lebens. Lasst Euer Vertrauen zu Gott und zum Leben wachsen und lasst Euren Glauben immer wieder stärken durch Gottes Wort. Amen.

Die Photographie 'Mustard Plant', mustard, 2008, ist lizenziert unter der Creative Commons-Lizenz Attribution ShareAlike 2.0.
Die Collage von sechs Bildern zum Thema Senf, Rainer Zenz, wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht. Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren.

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