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"ABC" des Glaubens - Speisung der 5000

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Speisung der 5000: Brotvermehrung oder Herzenswandlung?

'Vermehrung der Brote und Fische', 1979 - Walter Habdank. © Galerie Habdank

'Vermehrung der Brote und Fische', 1979 - Walter Habdank
© Galerie Habdank

Aus dem Johannesevangelium, Kapitel 6:
„Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben? Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wusste wohl, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, dass jeder ein wenig bekomme. Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das für so viele? Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer. Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, soviel sie wollten. Als sie aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt. Da sammelten sie und füllten von den fünf Gerstenbroten zwölf Körbe mit Brocken, die denen übrigblieben, die gespeist worden waren.“

Was ist hier eingetreten? Hat Jesus auf eine übernatürliche Weise Brot vermehrt? Es wird nicht berichtet, was genau passiert ist. Es ist möglich, dass Jesus ein übernatürliches Wunder gewirkt hat, denn mit Gott ist alles möglich. Aber es gibt eine Erklärung, die naheliegender ist. Es gibt einen Theologen mit dem Namen Georg Lamsa, der Assyrer ist, der in einem „altbiblisch-aramäischen Milieu“ aufgewachsen ist. Manche Sitten in dem Mittleren Osten haben sich in 2000 Jahren nicht geändert, hat er festgestellt. Zu der Speisung der 5000 schreibt er folgendes:

„Restaurants und Hotels kennt man (außerhalb der größeren Orte) nicht. Wer auf Reisen geht, nimmt stets genügend Brot als Wegzehrung in Taschen mit, denn er kann unterwegs keines kaufen. Diese Gewohnheit ist den Orientalen so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass Auswanderer aus der Türkei oder aus Persien oft sogar Brot für die ganze Schiffsreise bis zur Ankunft in den Vereinigten Staaten mit sich führen. Für eine kurze Reise nimmt man bis fünfzehn Laibe mit, die neben Fisch, Käse und andern Esswaren in den Kleidern verstaut werden. Man wird auch heute nie eine Gruppe von Morgenländern irgendwo außerhalb ihres Wohnortes ohne Brot und andere Lebensmittel antreffen. Wenn eine Karawane sich auf dem Wege zu einem fernen Ziel befindet, trachtet jedermann, seinen Brotvorrat zu strecken, und gibt bald vor, er habe nichts mehr zu essen bei sich, wofür er die Schuld auf seine Frau schiebt. Obschon Orientalen in ihrem Hause außerordentlich gastfreundlich sind, benutzen sie unterwegs, wenn ihr Vorrat begrenzt ist, diesen Vorwand, um vom Brot anderer zu zehren und ihr eigenes zu schonen.“

Diese Erläuterung passt zu der Erzählung des Johannesevangeliums. 5000 Menschen aus Palästina sind unterwegs und behaupteten, dass sie keine Nahrung bei sich hätten. Nur ein Kind war bereit zuzugeben, dass es Essensvorräte bei sich hatte. In dieser Feststellung steckt Ironie. Denn es wäre etwas Vergleichbares, wenn heutzutage bei einem Kirchentag 5000 Personen einen Gottesdienst besuchen und bei der Kollekte plötzlich feststellen würden, dass sie ihre Portemonnaies zu Hause vergessen hätten. Vielleicht bestand das Wunder Jesu darin, dass er durch Dankgebet und Austeilung 5000 Menschen dazu brachten, ihre versteckten Vorräte preiszugeben. Es würde auch erklären, weshalb es hinterher so viele Reste gab.

Menschenherzen zu verändern, ist auch ein Wunder.

Wie Georg Lamsa in diesem Zusammenhang feststellt:
„Selbstsüchtige Menschen zu uneigennützigem Geben zu bekehren wird als ein Wunder betrachtet“.

Wir danken Frau Friedgard Habdank sehr herzlich, dass sie uns die Bilder ihres Mannes auf so großzügige und kostenlose Weise zur Verfügung gestellt hat. © Galerie Habdank, www.habdank-walter.de.

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